1912 -
Dresden
: Köhler
- Autor: Heine, Heinrich, Großmann, Hermann
- Hrsg.: Freter, Julius, ,
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Gewerbliche Fortbildungsschule, Gewerbliche Fachschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Wilhelms Lehrjahre (Fortsetzung).
Auf dem Lebenswege eines Meisters wachsen viele Dornen.
Lieh nur genauer zu, so wirst du solche Dornen auch bei anderen
Ständen finden. Je glänzender Beruf und öffentliche Stellungen
sind, um so arbeitsreicher, dornenreicher sind sie. Ein richtiger
Mann läßt darüber nicht den Ropf hängen, sondern nimmt den
Rampf um das Dasein mutig auf.
„heute vormittag," sagte Falke zu seinem Altgesellen, „muß
ich auf das Gewerbegericht. Der eine Geselle soll die Schlösser
an die Kommode dort anschlagen, die andern sollen an der bestellten
Ausstattung weiter arbeiten. Da der Kleiderschrank fourniert
werden soll, muß darauf geachtet werden, daß die Türen beim
Einsetzen auf Reil geschlitzt werden." Falke ging.
Im Wartezimmer traf er den Obermeister der Glaser-
innung, dann einen älteren Mann, der lverkführer in der großen
Schlosserei war, sowie einen Bäckergesellen. Sie bildeten unter
dem Vorsitz eines Juristen das Gewerbegericht.
vor dem Gerichtstisch erschienen als erste derlchuhmachergehilfe
Riem mit dem Schuhmachermeister Leder. Riem war in Leders
Geschäft als erster Geselle beschäftigt gewesen, während einer
mehrtägigen Geschäftsreise Leders hatte Riem 11 Stunden lang
während der Arbeitszeit gefeiert, weil der Meister angeblich für
Arbeit nicht gesorgt habe. Riem beanspruchte von Leder Bezahlung
dieser 11 Stunden nach dem tarifmäßigen Stundenlohn mit M. 4.40.
Der Beklagte lehnte Zahlung ab, weil hinreichende Arbeit vorhanden
gewesen sei. Der miterschienene Zeuge Leistner bestätigte das mit
dem hinzufügen, die vorhanden gewesene Arbeit habe Riem nicht
gepaßt. Daher habe dieser es vorgezogen, spazieren zu gehen,
statt zu arbeiten. Die wage wurde daher durch Urteil ab-
gewiesen, nachdem sich Riem geweigert hatte, sie zurückzuziehen.
Falkes Geschäft wuchs beständig. Alle Räume waren be-
setzt. Als vorausblickender Geschäftsmann hatte er sich indes
schon früher das v o r k a u f s r e ch t auf das Nachbargrundstück
Nr. 17 im Grundbuch eintragen lassen. 3 Monate nach dem Tode
des Eigentümers durfte es Falke ausüben. Jetzt war es so weit.
Die Erben und Falke erklärten vor einem Notar, daß
sie einig darüber seien, daß das Hausgrundstück Grundbuchnummer
324, heumarkt 17, aus Albert Erich Falke übergehen solle