1915 -
Berlin
: Heymann
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fachschule, Fortbildungsschule
- Regionen (OPAC): Preußen
Vii. Krieg, Geld und Kredit
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Zwar kann in Zeiten der Uoi, wenn bereits viele Kredite gewährt
sind, die verlängert werden sollen, es sehr wohl vorkommen, daß auch die
höchsten Zinssätze die Kreditnehmer nicht abschrecken. Aber in normalen
Zeiten können durch allzu billige Festsetzung der Zinssätze weite Kreise zur
leichtfertigen Eingehung von Kreditverträgen angeregt werden. Das muß-
unter allen Umständen dadurch vermieden werden, daß die Reichsbank an-
gehalten wird, ihre Zinssätze (Diskontsätze) jederzeit, entsprechend der wirt-
schaftlichen Lage, auf einer vernünftigen Höhe zu halten.
Zn manchen Ländern wird aus solchen Erwägungen heraus vielfach
den Notenbanken überhaupt nur eine bestimmte Menge von Noten auszu-
geben erlaubt. Zn Deutschland hat man von einer solchen „festen Kon-
tingentierung" abgesehen und statt dessen ein eigenartiges Erstem ein-
geführt, das man als „indirekte Kontingentierung" bezeichnet, wir
haben oben gesehen, daß stets ein Drittel des Gegenwerts der ausgegebenen
Noten der Reichsbank in Form des gesetzmäßigen Barbestandes vorhanden
sein muß. Znsofern also ist auch die Reichsbank an gewisse ein für alle-
inal feststehende Grenzen gebunden: der Notenumlauf darf eben niemals
mehr betragen als das Dreifache des gesetzlichen Barbestandes. Soweit
aber, wie eine solche Gefährdung der „Drittelgrenze der Noten-
deckung" nicht droht, ist die Reichsbank in ihrer Notenausgabe vollkourmen
unbeschränkt. Dagegen ist ihr durch die sogenannte „Notensteuer" die
Ausgabe von ungedeckten Noten erschwert. Sowie sie nämlich mehr als
550 Millionen (am Schlüsse eines jeden (Quartals 750 Millionen) Mark
Noten über den Barbestand hinaus (ungedeckte Noten) ausgibt, muß sie
an das Reich eine Abgabe von 5% des Mehrumlaufes abführen. Mit
anderen Worten ausgedrückt: Die Reichsbank darf ohne weiteres an Noten
ausgeben: den vollen Gegenwert ihres gesetzlichen Barbestandes (in dem für
diesen Fall der Bestand an Noten anderer deutschen Notenbanken mitein-
gerechnet wird) zuzüglich 550 Millionen bzw. 750 Millionen. Der darüber
hinaus ausgegebene Betrag ist mit 5% zu versteuern. Die praktische
Wirkung dieser Besteuerung ist leicht erkennbar. Sowie die Bank ge-
zwungen ist, Notensteuer zu bezahlen, ist für sie das schöne Geschäft der
zinslosen Beschaffung von Betriebsmitteln gestört. Zede Note, die sie
über das Kontingent hinaus ausgibt, muß sie an den Staat mit 5% ver-
zinsen. Hält sie nun den Zinssatz, den sie ihren Kreditnehnrern abver-
langt, unter 5% so setzt sie bei jeder mehr ausgegebenen Note Geld
zu. Da nun die Reichsbank, wie wir gesehen haben, bis zu einem
gewissen Grade ein Erwerbsinstitut ist, das auch für seine Anteilseigner
Geschäfte machen soll, so wird es für sie auf die Dauer nicht nröglich sein,
größere Mengen besteuerte Noten auszugeben, wenn sie ihren Zinssatz unter
5% hält, also Kredit mit Schaden gibt. Es liegt daher in der Überschrei-
tung der steuerfreien Notengrenze ein Zwang für die Reichsbank, ihren
Diskont mindestens auf 5% oder gar darüber zu erhöhen. Denn erst wenn
der Diskont über 5% ist, macht sie wieder einen Gewinn, der sich freilich bei
den besteuerten Noten nur in engem Rahmen hält, weil er ja nur in dem
Zwischengewinn zwischen 5% und dem von ihr bei der Weitergabe der Kredite