1868 -
Wismar [u.a.]
: Hinstorff
- Autor: Schlotterbeck, Bernhard
- Sammlung: Politikschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch, Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Wasser, damit er recht fest werde. Sobald aber Thauwetter ein-
tritt, fangt auch er an zu schmelzen. Dann wird aus ihm, wie
aus allem Schnee, Wasser.
2. Das Eis.
a. Die Blumen a m Fenster. Wenn du des Morgens auf-
stehst, und du willst wissen, wie es draußen aussteht, so'gehst du
gewöhnlich arrs Fenster. Das würde dir heute Morgen aber wenig
geholten haben, denn oie Scheiben waren zugefroren. Wenn das
ist, so sind sie mit einer dünnen Eisdecke überzogen, die grauweiß
aussieht und allerlei Blumen und Blätter zeigt, wie an einer Ta-
pete. Das sind die Eisblumen. Herabnehmen vom Fenster kann
man sie nicht; auch haben sie keinen Geruch und erfreuen uns nur
durch ihre schöne Form. So schön wie die Garten- und Feldblumen
sind sie aber doch nicht. Wie mögen sie nur ans Fenster gekom-
men sein? Wenn du jetzt unsere Schulfensier ansiehst, so bemerkst du
auch etwas daran. Es ist Schweiß. Wie kommt der dahin? Stelle
dich einmal an diese (nicht mit Schweiß bedeckte) Scheibe und
hauche deinen Athem leite daran! Du bemerkst dann, daß sich da-
durch Schweiß absetzt. Dasselbe wirst du gewahr, wenn du deine
Tafel anhauchst. Wenn du nun auf deiner Bank sitzest, so kann
dein Athem die Scheibe zwar nicht erreichen; aber er geht dann in
die Luft und zieht durch sie hindurch, bis er sie erreicht hat. Dann
setzt er sich als Wasser daran. Wird nun heute Abend die Schule
geschlossen, io kühlt die Stube allmählig ab. Dann gefriert der
Schweiß, und wir sehen ihn in der Gestalt von Blumen und Blät-
tern, die bei zunehmender Wärme wieder verschwinden und zu Wasser
werden. So wie es hier in der Schule ist, so geschiehl's auch in
deinem Hause. Achte nur heute Nachmittag nach der Schulzeit
darauf, vielleicht wirst du dabei gewahr, auf welche Weise das
Frieren geschieht, und sage mir dann morgen, was du gesehen hast.*)
b. Die Eiszapfen am Dach. Wenn du dir das Dach
des gegenüberliegenden Hauses ansiehst, so bemerkst du an den unter-
sten Dachsteinen eine Reihe bald kleinerer, bald größerer Eiszapfen.
Sie sind länglich rund, unten spitz und oben breiter, ähnlich wie
ein umgekehrter Zuckerhut. Damit wir sie noch genauer betrachten
können, habe ich einen mitgebracht. Er ist kalt anzufühlen, hat
keine Farbe — ist also farblos und etwas durchsichtig. Jetzt, da
ich ihn in der Hand halte, fangt er an zu schmelzen. Meine Hand
*) Der Lehrer vergesse natürlich nicht, am nächsten Tage nachzufragen, wer
die Beobachtung gemacht hat. Sind die Fensterscheiben während der Unterrichtsstunde,
iu der das Vo> stehende besprochen wird, in der Schule gefroren, so kann die Beob-
achtung auch gleich gemacht werden. Man bläst dann mittels des Athems ein Loch
in die Eisdecke und wartet, bis sich die Lücke wieder mit Eis zu füllen anfängt.
Zunächst bilden sich am Rande kleine Eisspitzen, die nach und nach größer werde»
und endlich ziemlich rasch als Eisstrahlen üeer die leere Fläche schießen, Seitenarme
bekommen und nach einiger Zeit die Oeffnung bedecken. Bei starker Kälte geht es
natürlich rascher, als bei gelindem Frostwetter.