1868 -
Wismar [u.a.]
: Hinstorff
- Autor: Schlotterbeck, Bernhard
- Sammlung: Politikschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch, Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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ist schon ganz naß vom Wasser, und er wird immer kleiner. Da
er wieder' zu Wasser wird, so mag er auch wol aus Wasser ge-
worden sein. Wie aber kömmt das Wasser an die Dachsteine? Ihr
meint, es sei vom Dach herunter gelaufen, und könnt wohl Recht
haben. Das Dach ist aber mit Schnee bedeckt. Aus Schnee wird
nun zwar Wasser, indeß doch nur bei Thauwetter. Thauwetter
haben wir aber in diesen Tagen nicht gehabt. Ob das Wasser
denn vielleicht anders woher gekommen ist, als vom Schnee? Viel-
leicht regnete es? Aber nein, bei Frostwetter regnet es nicht. So
müssen die Eiszapfen also doch wol aus dem Schnee, der auf dem
Dache liegt, entstanden sein. Wie aber ist das geschehen? — Sieh'
jetzt hin nach dem Dach! Wenn du genau Acht gibst, so bemerkst
du, daß eine Menge Tropfen herunter fließen. Das kommt, weil
die Sonne auf das Dach scheint. Die thaut den Schnee auf; so-
bald sie aber fortgeht, hört das auf. Dann ist der Tropfenfall
zwar noch nicht ganz vorbei, aber er wird doch immer langsamer.
Zuletzt geht es so langsam, daß ein Theil des Wassers als Eis
sitzen bleibt. Zudem nun über den ersten gefrorenen Tropfen ein
zweiter hinwegläuft, läßt auch rer etwas als Eis daran sitzen, ein
dritter und vierter desgleichen, bis so nach und nach ein ganzer
Zapfen entsteht.
6. Die Eisdecke über dem Wasser. Bei starker Kälte fin-
dest du wohl, daß das Wasser in der Küche im Wassereimer gefroren
ist. Indeß ist nicht alles Wasser zu Eis geworden, sondern nur
die obere Schicht, die je nach der größeren oder geringeren Kälte
dicker oder dünner ist. Diese Eisschicht bedeckt das darunter be-
findliche Wasser, ist also eine Decke, und weil sie von Eis ist, eine
Eisdecke. Will man von dem Wasser gebrauchen, so muß man
die Decke zerschlagen. Das kann man auch leicht, denn das Eis
ist spröde. Zwar sitzt es fest zusammen und ist hart anzufühlen;
aber Holz, Stein und Eisen sind viel härter und brechen nicht so
leicht, wie Eis. Eine Eisdecke bildet sich nun bei Frostwetter
nicht bloß im Wassereimer der Küche, sondern mehr noch bei jedem
Wasser im Freien, z. B. im Rinnstein, im Bache, im Teiche rc.
Im Bach und Fluß kommt sie aber nicht so rasch wie im See;
warum wol nicht? Oft wird die Decke so dick, daß man darauf
gehen kann. Das muß man aber nicht zu früh versuchen, weil
inan dann Gefahr läuft, einzubrechen und zu ertrinken. Knaben
gehen gerne auf's Eis, aber auch Erwachsene. Viele laufen daselbst
Schlittschuhe, Andere fahren im Schlitten und noch Andere glit-
schen auf der Glitsch- oder Rutschbahn.
Mitunter wird ein Theil der Eisdecke von den Menschen auf-
gebrochen, auf Wagen gepackt und nach Hause gefahren. Hier ver-
wahrt man die Stücke in einem tiefen Keller, der deshalb auch Eis-
keller genannl^wirt. Erst im Sommer holt man das meiste da-
von wieder heraus. Wenn es dann recht warm ist, so ißt man
es, nachdem man es mit dem Saft von Erdbeeren oder andern
Früchten^zubereitet hat, um sich abzukühlen^und zu erfrischen.fauck
verschreibt der Arzt es zuweilen seinen Kranken bei hitzigen Fiebern.