1902 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: Jungandreas, R., Runkwitz, Karl
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mehrklassige Volksschule
- Regionen (OPAC): Reuß (Jüngere Linie)
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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und Nacht offen, und wenn man in die Stadt kam, sah man niemand
auf den Gaffen als die Totengräber mit den Totenwagen.
Endlich konnte Rinckart das fchwergeplagte Deutschland auffordern
zu singen: Nun danket alle Gott! Am 24. Oktober 1648 wurde der Friede
geschloffen. In unserem Heimatlande war durchschnittlich von drei
Einwohnern nur einer am Leben geblieben. Das Land war fast
überall eine wüste Einöde geworden, bedeckt mit den Ruinen nieder-
gebrannter Dörfer und Städte. Was von der Bevölkerung übrigge-
blieben, war ein verwildertes, bettelarmes Geschlecht; weit über ein
Jahrhundert hat unser Volk gebraucht, um sich von dem Elende dieses
schrecklichen Krieges einigermaßen zu erholen. Runkwitz.
95. Heinrich Posthumus.
Unter den Regenten der jüngeren Linie ist der berühmteste
Heinrich Po st Humus, der Sohn Heinrichs des Jüngeren, des
Stifters der jüngeren Linie. Er wurde erst 2 Monate nach dem Tode
feines Vaters, am 10. Juni 1572, zu Gera geboren und erhielt davon
den Namen Posthumus, d. i. der Nachgeborene. Unter der Vormund-
schaft feiner vortrefflichen Mutter Dorothea, einer geborenen Gräfin
Solms, erhielt er eine fromme und sorgfältige Erziehung. In allen
ritterlichen Leibesübungen erwarb er sich eine große Geschicklichkeit.
Aufgeweckten und lebhaften Geistes machte er auch in feiner geistigen
Ausbildung tüchtige Fortschritte, so daß er sich nachmals durch feine
Gelehrsamkeit vor feinen Standesgenoffen auszeichnete und zeitlebens
eine ungewöhnliche Liebe zu den Wissenschaften bewahrte. Unter
Führung feines Lehrers, des späteren Superintendenten Friedrich Glaser,
besuchte er die Universitäten Jena und Straßburg. Er war schon
damals ein frommer Jüngling, der sich von dem rohen und sittenlosen
Treiben, wie es dort vielfach herrschte, fernhielt und die Predigten,
die er sonntäglich hörte, aufzuschreiben pflegte. Er hat diese Übung
der Gottseligkeit nachmals feinen Kindern als Andenken hinterlassen.
Seinem Lehrer bewies er bis an fein Ende eine große Anhänglichkeit
und Verehrung.
Erst nach dem Tode feiner frommen Mutter, welche am 18. Sep-
tember 1595 starb, übernahm er die Regierung und waltete dann
vierzig Jahr segensreich über feinem Lande. Mit großem Eifer
widmete er sich den Regierungsgefchäften, nur darauf bedacht, das
leibliche und geistliche Wohl feiner Unterthanen zu fördern. Er stand
schon früh um 4 Uhr auf und war ungemein thätig; den Beratungen