1910 -
Bochum
: Westfäl. Verl.- und Lehrmittel-Anst.
- Hrsg.: ,, Kamp, Kaspar
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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übergab mancher sein Gut einem mächtigen Herrn, der es ihm als Lehen zurückgab
und für ihn die Kriegsverpflichtnngen übernahm. Ähnlich handelten kleinere Grundbe-
sitzer, um Schutz gegen die Übergriffe mächtiger Nachbarn zu finden. Solche Lehns-
träger hatten ihrem Lehnsherrn Abgaben an Früchten, Fleisch, Butter und
Eiern zu entrichten und Hand- und Spanndienste zu leisten. Durch Auferlegung
immer größerer Lasten sanken sie allmählich zu einer Stellung herab, die sich
von der der Unfreien nur wenig unterschied. — Auch an Kirchen und Klöster
waren !große Ländereien und Güter gekommen. Der größte Teil wurde von
armen Freien bewirtschaftet, die dafür genau festgesetzte Abgaben entrichten mußten.
Auch diese sanken mehr und mehr zu Hörigen hinab, so daß die Zahl der Freien
immer geringer wurde.
Das Geburtsjahr Deutschlands. (843.) Ludwig der Fromme, Karls
Nachfolger, war ein gutherziger Mann, aber die Kunst zu regieren ging ihm
ab. Schon 817 teilte er sein Reich unter seine Söhne Lothar, Pipin und Ludwig.
Später wurde ihm noch ein Sohn, Karl, geboren. Diesem wollte er nun auch
ein Stück des Reiches zuwenden und teilte deshalb von neuem. Da lehnten sich
die älteren Söhne gegen ihren Vater ans. In der Nähe von Kalmar fiel Ludwig
im Kampfe seinen Söhnen in die Hände. Weil sein Heer Verrat übte,
wurde der Kampfplatz Lügenseld geheißen. Die Streitigkeiten hörten erst auf,
als die Brüder nach Ludwigs und Pipins Tode 843 den Vertrag zu Verdun
(wcrdöng) schlossen. Lothar bekam mit der Kaiserwürde Italien und einen
Strich Land westlich vom Rhein (Lotharingen s= Lothringen), Karl erhielt
das heutige Frankreich, Ludwig das heutige Deutschland. So wurde das
Jahr 843 sowohl für Frankreich wie für Deutschland das
eigentliche G e b u r t s j a h r.
Die Nachfolger Ludwigs des Deutschen waren größtenteils schwache
Regenten. Das veranlaßte die Grafen von Franken, Sachsen, Schwaben, Bayern
und Lothringen, sich die von Karl dem Großen beseitigte Herzogswürde wieder
beizulegen. Wie selbständige Fürsten schalteten und walteten sie in ihrem Lande
und kümmerten sich wenig um die Befehle des Königs. Die Slaven bedrängten
das Reich von Osten, die Normannen von Norden. Dazu fielen die Ungarn oft
in endlosen Scharen in deutsches Gebiet ein und raubten und plünderten. Niemand
gebot ihrem wüsten Treiben Einhalt. Zum Glücke für das Reich starb der letzte
Karolinger, Ludwig das Kind, 911 in jugendlichem Alter.
Fjetnricb I. (919—936.)
Wahl. Nach dem Tode des letzten Karolingers wurde Konrad I. von Franken
zum Könige gewählt. Es gelang ihm beim besten Willen nicht, das Reich zu
beruhigen und nach außen zu sichern. Auf seinem Sterbebette schlug er seinen
Gegner, den mächtigen Sachsenherzog Heinrich, zum Könige vor. Nach der
Sage lag Heinrich gerade im Harze dem Vogelfang ob, als die Großen des
Reiches ihm Krone, Schwert und Mantel des Königs überbrachten. Tiefbewegt
sagte Heinrich: „Ich weiß wohl, wie schwer eine Krone drückt; aber wenn so
biedere Fürsten sic mir anvertrauen, will ich sie in Gottes Namen tragen."
Bald daraus wurde er in Fritzlar zum Könige gewählt.
Einigung des Reiches. Der Wahl Heinrichs zum Könige hatten die
Herzöge von Bayern, Schwaben und Lothringen ihre Zustimmung versagt. Teils
durch Güte und Freundlichkeit, teils durch Gewalt gelang es Heinrich, die wider-
spenstigen Herzöge zu unterwerfen. Dem Herzoge von Lothringen gab er seine
Tochter zur Gemahlin.
Einfall der Ungarn. Im Jahre 924 brachen die Ungarn ver-
wüstend in die deutschen Lande ein und drangen bis Sachsen vor. Tausende
von Männern, Weibern und Kindern wurden in die Gefangenschaft fortgeführt.