1910 -
Bochum
: Westfäl. Verl.- und Lehrmittel-Anst.
- Hrsg.: ,, Kamp, Kaspar
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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nase gaben seinem Antlitze einen ernsten Ausdruck. Seine Kleidung bildete meist
ein einfaches, graues Gewalid, das er auf Kriegszügen sogar selbst ausbesserte.
In Speise nlld Trank war er überaus mäßig. Auch als Köllig blieb er leutselig
und bescheiden. Der niedrigste Mann hatte Zutritt zu seinem Throne. Einst
wollten seine Diener einen armen Mann zurückweisen. Da sagte Rudolf: „Bin
ich denn König geworden, daß ihr mich vor den Menschen einschließt?" Rudolf
starb in Speyer. Im Dome, der Begräbnisstätte vieler Kaiser, wurde auch er
begraben. Seine Gerechtigkeit und Treue aber lebte fort im Gedächtnis der
Nachwelt, und noch lange pflegte man bei Gelegenheit zu sagen: „Der hat
Rudolfs Redlichkeit nicht."
Maximilian I. (1493—1519.)
Seine perfon. Maximilian war ein Ritter ohne Furcht und Tadel. Seine
gewaltige Körperkraft, gepaart mit Geschicklichkeit, verleitete ihn in der Jugend
oft zu gewagten Unternehmungen. Nur mit einem kurzen Schwerte bewaffnet, ging
er mutig den Bären lind Ebern zu Leibe. Bei der Gemsjagd verstieg er sich einst
auf die ilnzngängliche Martinswand bei Innsbruck. Ein riesenstarker französischer
Ritter, der die deutsche Ritterschaft wiederholt zum Zweikampfe aufgefordert hatte,
wurde von Maximilian nach kurzem Kampfe besiegt. Dabei war er ein eifriger
Förderer der Kunst und Wissenschaft. Albrecht Dürer, Peter Bischer n. a. Künstler
waren ihm befreundet. Im Gebrauche der lateinischen, französischen und griechi-
schen Sprache war er ein Meister. Seine Liebe zur Dichtkunst veranlaßte ihn zur
Abfassung von mehreren größeren Gedichten.
Landfrieden. Unter seinem Vater hatten die alten Räubereien wieder
überhand genommen. Auf dem Reichstage zu Worms (1495) ivurde unter Zu-
stimmung aller Fürsten der ewige Landfrieden verkündet. Darin hieß
es: „Niemand soll den andern bekriegell, berauben, fangen, belagern, noch
irgend ein Schloß, Städte, Märkte, Befestigungen, Dörfer, Höfe oder Weiler
mit gewaltiger Tat freventlich einnehmen, mit Brand oder in anderer Weise
beschädigen. Auch soll niemand solchen Tätern Rat, Hilfe, noch in irgend einer
Weise Beistand oder Vorschub leisten, auch sie wissentlich nicht atzen (speisen)
oder tränken." Damit war dem deutschen Volke eine große Wohltat erwiesen,
und herzliche Freude erfüllte alle Gutgesinnten. Zur Bestrafung von Frevel-
taten setzte Maximilian das R e i ch s k a m m e r g e r i ch t ein, das aus einem
Richter und sechzehn Beisitzern bestand. Es hatte seinen Sitz zunächst in Frank-
furt a. M. Dann kam es nach Speyer, von da nach Wetzlar, wo es bis
zum Untergange des alten Kaiserreiches 1806 verblieb. Zur besseren Über-
wachung des Landfriedens und zur leichteren Ausführung der Urteile des Reichs-
kammergerichts wurde Deutschland in 10 große Kreise eingeteilt. Die Über-
wachung eines jeden Kreises übernahm ein Hauptmann mit einigen Räten.
Der gemeine Pfennig. Die Unterhaltung des Reichskammergerichtes mit
seinen Beamten, sowie die Kriege des Kaisers kosteten viel Geld. Um die er-
forderlichen Mittel zu beschaffen, führte Maximilian die erste Reichssteuer ein. Jeder
Untertan mußte vom 15. Lebensjahre an von je 1000 Gulden Vermögen einen
Gulden als Steuer zahlen. Diese Abgabe wurde der „gemeine Pfennig" genannt.
Mit der Einziehung derselben wurden die Pfarrer betraut.
post. In früheren Zeiten war das Befördern von Briefen mit großen
Schwierigkeiten verknüpft. In einigen Gegenden Deutschlands hatten die Metzger,
die bei dem Einkäufen voll Schlachtvieh oft weite Reisen unternahmen, die
Bestellung von Briefen übernommen (Metzgerpost). Der deutsche Ritterorden
richtete eine eigene Post ein. Durch reitende Boten wurde der Verkehr zwischen
den einzelnen Ordensniederlassungen besorgt. Die Boten hießen „Bryffjongen",