1873 -
Oldenburg
: Stalling
- Autor: Stacke, Ludwig Christoph
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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würdest: dein Herz ist eisern! Aber denk' an mich, wenn die
Götter mich rächen, und am hohen Skäischen Thore du vom
Geschosse Phöbus Apollo's getroffen im Staube endest, wie
jetzt ich!'' Mit dieser Weissagung verließ Hektors Seele den
Leib und flog zum Hades hinunter. Achilles aber rief der
Fliehenden nach: „Stirb du, mein Loos empfang' ich, wann
Zeus und die Götter wollen!" So sprach er und zog den
Speer aus dem Leichnam, legte ihn bei Seite und zog die
eigene blutige Rüstung von den Schultern des Gemordeten.
Nun kamen aus dem Griechischen Heere viele Streiter her-
beigelaufen und betrachteten den Wuchs und die hohe Bil-
dung des todten Hektor bewundernd, und mancher sprach, ihn
anrührend: „Wunderbar, wie viel sanfter ist doch der
Mann nun zu betasten, als da er den Feuerbrand in unsere
Schiffe schleuderte!" Jetzt stellte sich Achilles mitten unter
das Volk und sprach: „Freunde und Helden! Nachdem die
Götter mir verliehen haben, diesen Mann hier zu bändigen,
der uns mehr Böses gethan hat, als alle Andern zusammen,
so laßt uns in unserer Rüstung die Stadt ein wenig aus-
kundschaften, um zu erforschen, ob sie uns wohl die Burg
räumen werden, oder ob sie es wagen, uns auch ohne Hektor
Widerstand zu leisten. Aber was rede ich? Liegt nicht mein
Freund Patroklos noch unbestattet bei den Schiffen? Darum
stimmt den Siegesgesang an, ihr Männer, und laßt uns vor
allen Dingen meinem Freunde das Sühnopfer bringen, das
ich ihm geschlachtet habe!"
Mit solchen Worten wandte sich der Grausame dem
Leichnam von Neuem zu, durchbohrte ihm an beiden Füßen
die Sehnen zwischen Knöchel und Fersen, durchzog sie mit
Riemen von Stierhaut, band sie am Wagensitze fest, schwang
sich in den Wagen und trieb seine Rosse mit der Geißel den
Schiffen zu, den Leichnam nachschleppend. Staubgewölk um-
wallte den Geschleiften, sein jüngst noch so liebliches Haupt
zog mit zerrüttetem Haar eine breite Furche durch den Sand.
Von der Mauer herab erblickte seine Mutter Hekuba das
grauenvolle Schauspiel, warf den Schleier ihres Hauptes
weit von sich und sah jammernd ihrem Sohne nach. Auch
der König Priamos weinte und jammerte. Geheul und
Angstruf der Trojaner und der fremden Völker hallte durch