1873 -
Oldenburg
: Stalling
- Autor: Stacke, Ludwig Christoph
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Ende. Auf dem Wege erhob sich einst zur Zeit, wo die
Perser ihr Frühstück einnahmen, ein heftiger Südwind, der
ungeheuere Sandwirbel mit sich führte und die Perser ver-
schüttete.
Als Kambyses nach Memphis kam, war gerade den
Aegyptern der Apis erschienen, den sie als einen Gott ver-
ehrten, und sie feierten ein Freudenfest. Dieser Apis ist ein
Kalb mit folgenden Kennzeichen: Er ist ganz schwarz, und
hat auf der Stirn einen dreieckigen weißen Fleck, auf dem
Nacken das Bild eines Adlers, in dem Schweif doppelte
Haare, auf der Zunge einen Käfer. Kambyses glaubte, daß
die Aegypter über sein Unglück jubelten, und ließ die Priester
vor sich kommen. Er schenkte aber ihrer Rechtfertigung keinen
Glauben und befahl ihnen, den Apis zu holen. Als ihn die
Priester brachten, zog er, wie ein Rasender, den Dolch und
wollte den Apis in den Bauch stoßen, traf aber den Schen-
kel. Da lachte er und sprach zu den Priestern: „O ihr
Dummköpfe, sind das Götter, die da Fleisch und Blut haben
und das Eisen fühlen? Dieser Gott ist der Aegypter würdig,
euch aber soll es übel bekommen, daß ihr mich zum Narren
gehabt habt!" Nun befahl er, die Priester zu geißeln und
jeden Aegypter, der das Fest feierte, zu tödten. Das Fest
hatte somit ein Ende: der Apis starb an seiner Wunde und
ward von den Priestern heimlich begraben.
Schon vorher war Kambyses nicht recht bei Sinnen,
nach dem Tode des Apis aber gerieth er in völlige Raserei
und wüthete mit unmenschlicher Grausamkeit gegen die Glieder
seiner eigenen Familie. Seinen Bruder Smerdis hatte er
aus Neid nach Persien zurückgeschickt, weil er allein von allen
Persern den Aethiopischen Bogen ungefähr zwei Finger
breit spannen konnte; jetzt aber sah Kambyses folgendes
Traumgesicht: Es däuchte ihm, als käme ein Bote aus
Persien mit der Nachricht, wie Smerdis auf dem königlichen
Throne sitze und mit dem Haupte den Himmel berühre. Er
fürchtete daher, daß Smerdis ihn tödten und König werden
würde. Um ihm zuvorzukommen, schickte er den Prexaspes,
seinen getreuesten Diener, nach Persien, mit dem Befehl, den
Smerdis umzubringen. Als einst des Kambyses Schwester,
die zugleich seine Gemahlin war, mit dem Schicksal des
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