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1. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 15

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
Erzählungen und Gedichte. 15 22. (133.) Die Bärenhaut. Zwei Jägerburschen hörten von einem großen, starken Bären, der sich im nahen Walde aufhalten sollte, und freuten sich schon im voraus auf den schönen Pelz, den sie ihm abziehen wollten. „Wenn ich ihn schieße," sagte der eine, „so lasse ich mir aus dem Pelz einen Mantel machen; der soll mich im Winter hübsch wärmen." — „Nein!" sagte der andere, „schieße ich ihn, so verkaufe ich den Pelz. Der Kürschner bezahlt mir zehn Thaler dafür; die sollen mir schön in dem Beutel klingen." Unterdessen war es Zeit geworden, in den Wald zu gehen. Als sie aber dort so allein waren und von ferne das Brummen des Bären hörten, da wurde es ihnen doch ein wenig bange. Als der Bär nun gar näher kam, da warf der, welcher den Pelz verkaufen wollte, seine Flinte weg und kletterte so schnell als möglich auf einen Baum. Der andere aber, der sich auch nicht zu bleiben getraute, konnte nicht mehr flüchten. Zum Glück fiel ihm ein, daß Bären keinen toten Menschen anrühren. Er warf sich also auf den Boden, hielt den Atem an und streckte sich hin, als wenn er tot wäre. Der Bär kam grimmig auf ihn zu; als er aber sah, daß der Bursche kein Glied rührte, beroch er ihn ein wenig und lief dann weiter, ohne ihm ein Leid zu thun. Wie nun der Bär weit genug fort war, erholten sich die beiden von ihrem Schrecken; der eine stieg von dem Baume herunter, und der andere stand vom Boden auf. Da fragte der, welcher von oben zugesehen hatte, den andern spöttisch: „Hör' einmal, was hat dir denn der Bür ins Ohr gesagt?" — „Ja," er- widerte der andere, „alles habe ich nicht genau verstanden; aber eins hat er mir deutlich ins rechte Ohr gesagt, nämlich: Man soll die Haut des Bären nicht verkaufen, bevor man den Bären hat. Und in das linke Ohr hat er mir gesagt: Wer seinen Freund in der Not im Stiche läßt, ist ein schlechter Kerl." Curtmann. 23. (32.) Blau Veilchen. 1. Ein kleines Blauveilchen stand eben erst ein Weilchen unten im Thal am Bach; da dacht' es einmal nach und sprach: „Daß ich hier unten blüh', lohnt sich kaum der Müh'; muß mich überall bücken und drücken; bin so ins^Niedre gestellt, sehe gar nichts von der Welt.
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