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1. Schleswig-holsteinischer Kinderfreund - S. 62

1901 - Neuwied [u.a.] : Heuser
62 I. Fabeln, Märchen und belehrende Da konnt,' er doch der Lust nicht wehren. Er sah nicht des Kameles Wut und nicht den Drachen in der Flut und nicht der Mäuse Tückespiel, als ihm die Beer' ins Auge fiel. Er liess das Tier von oben rauschen und unter sich den Drachen lauschen und neben sich die Mäuse nagen, griff nach den Beerlein mit Be- hagen. Sie deuchten ihm zu essen gut, ass Beer' auf Beerlein wohlgemut, und durch die Süssigkeit im Essen war alle seine Furcht vergessen. Du fragst: Wer ist der thöricht' Mann, der so die Furcht vergessen kann? So wiss’, o Freund, der Mann bist du; vernimm die Deutung auch dazu! Es ist der Drach’ im Brunnen- grund des Todes aufgesperrter Schlund, und das Kamel, das oben droht, es ist des Lebens Angst und Not. Du bist’s, der zwischen Tod und Leben am grünen Strauch der Welt musst schweben. Die beiden, so die Wurzel nagen, dich samt den Zweigen, die dich tragen, zu liefern in des Todes Macht, die Mäuse heissen Tag und Nacht. Es nagt die schwarze wohl ver- borgen vom Abend heimlich bis zum Morgen; es nagt vom Morgen bis zum Abend die weisse, wurzeluntergrabend. Und zwischen diesem Graus und Wust lockt dich die Beere — Sinnenlust, dass du Kamel — die Lebensnot, dass du im Grund den Drachen — Tod, dass du die Mäuse — Tag und Nacht, vergissest und auf nichts hast acht, als dass du recht viel Beerlein haschest, aus Grabes Brunnenritzen naschest. Friedr. Rückert. 69. (4.) Nützliche Lehren. (3.) 1. Einmal ist keinmal. Dies ist das erlogenste und schlimmste unter allen Sprichwörtern; und wer es gemacht hat, der war ein schlechter Rechenmeister oder ein boshafter. Einmal ist wenigstens einmal, und davon läßt sich nichts abmarkten. Wer einmal gestohlen hat, der kann sein Leben lang nimmer mit Wahrheit und mit frohem Herzen sagen: Gottlob! ich habe mich nie an fremdem Gut vergriffen; und wenn der Dieb erhascht und gehängt wird, alsdann ist einmal nicht keinmal. — Aber das ist noch nicht alles, sondern man kann meistens mit Wahrheit sagen: Einmal ist zehnmal und hundert- und tausendmal. Denn wer das Böse einmal angefangen hat, der setzt es gemeiniglich auch fort. Wer A gesagt hat, der sagt auch gern B; und alsdann tritt zuletzt ein anderes Sprichwort ein: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.
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