1901 -
Neuwied [u.a.]
: Heuser
- Autor: Wagner, Georg, Schneider, Karl Theodor
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Einklassige Volksschule, Zweiklassige Volksschule
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Ii. Bilder aus der Natur
neun Monate im Jahre mit Schnee bedeckten Passes, 2472 Meter über dem
Meere, steht das Bernhardiner-Hospiz, eine Herberge der Barmherzigkeit, die
im Jahre 962 durch Bernhard von Mentone gegründet worden sein soll.
In dieser Herberge wohnen zwölf Augustinermönche mit einer Anzahl dienender
Brüder, deren Lebensaufgabe es ist, die Reisenden unentgeltlich zu bewirten,
die verschneiten Wege zu bahnen, die Verirrten aufzusuchen und zurecht-
zuweisen, vor allem aber die im Schnee Versunkenen zu retten. Bei
stürmischem Wetter dringen sie dann unerschrocken nach beiden Seiten des
Passes vor, um den etwa Verunglückten zu Hilfe zu kommen. Seit vielen
Jahren schon bedienen sie sich hierbei des Beistandes besonders abgerichteter
großer Hunde. Hat der Hund einen Verunglückten ausgewittert, so kehrt
er in pfeilschnellem Laufe zu seinem Herrn zurück und giebt durch Bellen,
Wedeln und unruhige Sprünge die gemachte Entdeckung kund. Dann
wendet er um, immer zurücksehend, ob man ihm auch nachfolge, und führt
seinen Herrn nach der Stelle hin, wo der Verunglückte liegt.
Ein solcher Hund war Barry. Zwölf Jahre lang war er unermüdet
thätig und treu im Dienste der Menschheit; und er allein hat in seinem
Leben mehr als vierzig Menschen das Leben gerettet. Der Eifer, den er
hierbei bewies, war außerordentlich. Nie ließ er sich an seinen Dienst
mahnen. Sobald der Himmel sich bedeckte, Nebel sich einstellten oder die
gefährlichen Schneegestöber sich von weitem zeigten, hielt ihn nichts mehr
im Kloster zurück. Nun strich er rastlos und bellend umher und ermüdete
nicht, immer und immer wieder nach den gefährlichen Stellen zurückzukehren
und zu sehen, ob er nicht einen Sinkenden halten oder einen Vergrabenen
hervorscharren könnte; und konnte er nicht helfen, so setzte er in ungeheuren
Sprüngen nach dem Kloster hin und holte Hilfe herbei.
Seine liebenswürdigste That aber war folgende: In einer eisigen
Grotte fand er einst ein halberstarrtes, verirrtes Kind, das schon dem zum
Tode führenden Schlafe unterlegen war. Sogleich leckte und wärmte er es
mit der Zunge, bis es aufwachte; dann wußte er es durch Liebkosungen
zu bewegen, daß es sich auf seinen Rücken setzte und an seinem Halse fest-
hielt. So kam er mit seiner Bürde triumphierend ins Kloster.
Als Barry alt und kraftlos geworden war, sandte man ihn nach Bern,
wo er bis zu seinem Tode verpflegt ward, und wo er jetzt ausgestopft im
Museum aufgestellt ist. Nach Lenz und T,chudi.
152. (178.) Der Reif.
1. Seht meine lieben Bäume an
wie sie so herrlich stehn,
auf allen Zweigen angethan
mit Reif gar wunderschön!
2. Von unten an bis oben ’naus,
auf allen Zweigelein,
hängt’s weiss und zierlich,zart und kraus
und kann nicht schöner sein.