1901 -
Neuwied [u.a.]
: Heuser
- Autor: Wagner, Georg, Schneider, Karl Theodor
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Einklassige Volksschule, Zweiklassige Volksschule
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Iv. Bilder aus der Erdkunde,
stein zu entlassen, aber noch hatte der furchtbare Tilly ein Heer unter
den Waffen. Da landete Gustav Adolf, der fromme Schwedenkönig, mit
fünfzehntausend Mann in Pommern, um seine evangelischen Glaubens-
genossen aus ihrer Not zu retten. Als er den deutschen Boden betrat, fiel
er auf sein Angesicht und betete; denn, „je mehr Betens, desto mehr
Siegens," war sein Grundsatz. Strenge Mannszucht wurde gehalten, und
täglich war zweimal Betstunde im Heere, damit die Gemüter unter den
Greueln des Krieges den himmlischen Vater und Richter nicht vergessen
möchten. Der König suchte vorerst die um ihres Kaisers willen unschlüssigen
Kurfürsten von Brandenburg und von Sachsen zum Anschluß an seine
Sache zu bewegen. „Ihr Evangelischen," sagte er, „werdet am jüngsten
Tage angeklagt werden, daß ihr um des Evangelii willen nichts habt thun
wollen, und es wird euch wohl schon hier vergolten werden!" Darüber ward
Gustav Adolf so lange aufgehalten, daß er Magdeburg, das von Tilly
schwer bedrängt ward, nicht mehr retten konnte. Die Stadt ward im Mai
1631 erobert und furchtbar verheert. Das ganze evangelische Deutschland
war voll Bestürzung über das Elend der angesehenen Stadt. Als Tilly sich
hierauf nach Sachsen wandte, um den Kurfürsten von Sachsen von der
Verbindung mit den Schweden abzuhalten, wurde er von Gustav Adolf in
der Gegend von Leipzig gänzlich geschlagen. Der Weg nach Süddeutsch-
land lag nun dem Könige offen. Tilly wehrte ihm vergeblich den Über-
gang über den Lech; er selbst wurde hier tödlich verwundet.
Nachdem Tilly gestorben war, übergab der Kaiser, der sich in Österreich
bedroht sah, dem gefürchteten Wallenstein den Oberbefehl über seine Truppen.
Doch auch dieser Feldherr wurde bei Lützen geschlagen.
Auf seinem weißen Pferde ritt Gustav Adolf am Morgen des 16.
November 1632 durch die schlagfertigen Reihen der Seinen. Kein Brust-
harnisch schützte ihn. Gott ist mein Harnisch! das war seine Zuversicht.
Er sprach begeisterte Worte zu seinen Truppen. Ein freudiger Zuruf des
ganzen Heeres war das Amen zu seinen Worten; Schweden und Deutsche
schwuren, dem Könige treu zu sein und mit ihm zu siegen oder zu sterben.
„Gott mit uns!" — dies war die Losung im Heere der Schweden. Dar-
auf bliesen die Trompeten das alle Lutherlied: „Ein' feste Burg ist unser
Gott;" die deutschen Regimenter aber sangen ein Lied, das Gustav Adolf
selbst gedichtet haben soll: „Verzage nicht, du Häuflein klein, obschon die
Feinde willens sein, dich gänzlich zu zerstören." Nachdem Gustav Adolf
den Generalen die letzten Befehle erteilt hatte, rief er mit lauter Stimme:
„Nun wollen wir daran! das walt' der liebe Gott! Herr Jesu, laß heute
uns streiten zu deines heiligen Namens Ehre!" Dann schwang er den
Degen und kommandierte: „Vorwärts!" — Ein dichter Nebel bedeckte das
Schlachtfeld. Die Schweden dringen von ihrem Könige geführt gegen die