1901 -
Neuwied [u.a.]
: Heuser
- Autor: Wagner, Georg, Schneider, Karl Theodor
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Einklassige Volksschule, Zweiklassige Volksschule
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Iv. Bilder aus der Erdkunde,
erlauchte Gemahlin an seiner Seite, die Kaiserin Augusta, gekrönt mit
dem Strahlenkränze der Barmherzigkeit, unvergessen sein. Als dem
Könige das Schwert in die Hand gedrückt wurde und er auszog auf
die blutigen Schlachtfelder, da erachtete die Königin es als ihre Lebens-
aufgabe, die Wunden, die der Krieg geschlagen, zu heilen; und als
diese vernarbt waren, da weihte sie werkthätiger Nächstenliebe bis zum
letzten Tage ihres Lebens ihre besten Kräfte. Ihr letztes Schreiben
war an den Vorstand der Vereine zum Roten Kreuz gerichtet, und
„Könnten wir morgen wieder arbeiten?“ war die letzte Frage an ihren
Kabinettsrat. Die Diakonissin im Purpur nannte sie daher ehrend
das Volk. Solange sie in Berlin weilte, konnte man sie fast täglich in
das von ihr gestiftete Augusta-Hospital fahren sehen, wo sie die Leiden
der Kranken und Sterbenden durch freundlichen Zuspruch und Trost
zu lindern suchte.
Es ist nicht möglich, hier alle Wohlthätigkeitsanstalten, welche die
Kaiserin Augusta begründet hat, die Asyle für erkrankte Pflegerinnen,
die Rettungshäuser für verwahrloste Kinder, Volksküchen u. s. w. ein-
gehend zu schildern; es sei nur das grossartigste und weitverzweigteste
Werk der Kaiserin, der Vaterländische Frauenverein, erwähnt.
Nach dem Kriege des Jahres 1866 wurde der Verein gegründet,
um jene weiblichen Kräfte, die während der Kriegszeit ohne Unterschied
des Standes so wahrhaft aufopfernd gewirkt hatten, auch im Frieden
gemeinsam in erfolgreicher Thätigkeit zu erhalten. Die Königin blieb
bis zu ihrem Tode die Seele des Vereins und aller seiner Bestrebungen.
Sie schrieb am 1. Juli 1869 an den Vorstand die denkwürdigen Worte:
„Gottes Segen vereint die Kräfte, die sich dem Vaterlande widmen. Dies
hat eine ernste Zeit bewiesen; deshalb auch bleibe vereint unsere be-
währte Hilfsbereitschaft, die, alle Bekenntnisse und Stände umfassend,
im Vaterländischen Frauenverein hilft, wo es zu helfen gilt. Unser
Verein gilt im Kriege dem Volke unter den Waffen, im Frieden der
Linderung der Not, wo und wie eine solche unerwartet hervortritt.“
Was der noch junge Verein für das Vaterland zu leisten vermochte,
das zeigte sich im Kriege von 1870. Die Einnahmen erreichten in
jenem Jahre die Höhe von 1800000 Mark; die Zahl der angefertigten
Sachen belief sich auf über vier Millionen Stück, und ihr Gewicht
betrug mehr als 1000 Centner. Die Zweigvereine gründeten da-
mals 50 Privatlazarette, in denen bis zum Schlüsse des Jahres 1870
viertausend Verwundete verpflegt wurden. Ausserdem übernahm der
Vaterländische Frauenverein mit seinen Zweigvereinen 237 Lazarette, in
denen 67000 Kranke und Verwundete Aufnahme gefunden hatten.
Und welche Ausbreitung hat der Vaterländische Frauenverein seit