1908 -
Berlin
: Grote
- Autor: Muff, Christian, Hopf, Jacob, Paulsiek, Karl
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1895
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
- Geschlecht (WdK): Jungen
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von Wilamowitz: Der Zeus von Olympia.
in diese Grotte zu übertragen versucht, indem man den Zwerg zu dem Zeus-
kinde machte; oder man hat diesen zu einem Dämon „Volksretter" gemacht,
der einmal als Knäblein oder auch als Schlange in höchster Not Rettung
gebracht hätte. Der Kult in dem Grottenheiligtum hat aufgehört: da war
das Kindlein in buntem Gewände gemalt, und eine Priesterin brachte ihm
das Bad und für die von ihm unterschiedene Schlange Nahrung. Der
Tempel der „Mutter" stand dicht dabei, und hielt man sie jetzt für die
Göttermutter, so war sie ihrem Wesen kaum entfremdet. Daneben erzählte
man von den Daktylen Widersprechendes — doch mit der Gelehrsamkeit
plage ich Sie nicht. Uns genügt hier, den Gott des Ortes, den Herrn der
Urzeit, erfaßt zu haben.
Da kam, sagen wir um 1000 v. Chr., ein anderer Stamm erobernd
und Kultur bringend den natürlichen Weg flußabwärts. Das waren die
Männer von Argos, die in goldreichen prächtigen Burgen jenseit der
arkadischen Berge saßen. Sie verehrten die hohe Himmelsherrin Hera bei
sich als Beschützerin ihres Volkes; indem sie ihr in der Fremde Kultstätten
gründeten, schufen sie sich eine Heimat. Sie haben einige Meilen aufwärts,
wo auch ein Fluß von Norden in den Alpheios mündet, eine Stadt ge-
gründet, die sie nach Hera nannten; sie haben ihr hier dicht am Fuße des
Hügels ein stattliches Haus errichtet, den ältesten Tempel, den wir besitzen,
ein Haus, das noch auf einem steinernen Sockel Lehmwände hatte und von
einem Rundgang hölzerner Säulen umgeben war. Das war schon ein
kostspieliger Bau, und seine Errichtung wird sicher nicht älter sein als
das achte Jahrhundert; älter und heiliger ist ohne Zweifel der große Brand-
altar gewesen, auf dem der Himmelsherrin geopfert ward: die homerische
Zeit kannte ja noch keine Gotteshäuser. In Begleitung seiner Gattin kam
der Himmelskönig. Von einer Burg (Pbaisana, Phrixa), die hoch auf
einem Berge lag, dessen spitze Kuppe dem Besucher des Heiligtums leicht
im Gedächtnis bleibt, stieg ein Geschlecht ritterlicher Seher herab. Dichter-
wort hat uns die Legende des Hauses erhalten, das ein Jahrtausend an
dem großen Brandaltar seines Amts gewaltet hat. Der Ahnherr, ein
Gottessohn ohne Erbrecht im Mutterhause, Wiamos mit Namen, stieg nächt-
licherweile in den Fluß hinab und rief seine himmlischen Ahnen, ein Erbe,
eine Herrschaft heischend. Da vernahm er eine Stiinme, die ihn folgen
hieß und ihm voranschritt den Fluß hinab, an die Stätte, wo dereinst sein
Geschlecht den Seherdienst am Altar erhalten sollte, zu dem ihm die Seher-
kunst, mit der er selbst sofort begabt ward, die Weihe verlieh. Der Dichter
weiß, daß erst noch ein weiterer Mitbewohner des Heiligtums kommen
mußte, damit das allgemein hellenische Fest entstünde: das hat Herakles
erst gestiftet. In unserer Rede bedeutet das, daß erst die Bergstämme des