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1. Abt. 8 = Für Prima - S. 151

1908 - Berlin : Grote
von Wilamowitz: Der Zeus von Olympia. 151 seinem Gotte in seiner Natur hat, während in Delphi, Delos, Epidauros, Athen und an der Mehrzahl großer Kultstätten auch vor ihrer Aufdeckung jedem das Dichterwort überwältigend in seiner Wahrheit aufging „Denn der Boden zeugt sie wieder, wie er sie von je gezeugt." Wenn ich nicht als Knabe geirrt hätte, würde ich heute nicht als Mann Ihnen die Wahrheit künden können. Zeus ist gar nicht zu Hause in Olympia. Bestimmt erkennbare ge- schichtliche Verhältnisse haben den Kult erst der Hera, dann des Zeus dort- hin gebracht, wo eigentlich nur niedere Elementarwesen etwas zu suchen hatten. Die Ausgrabung hat uns die geschichtliche Einsicht gebracht; wir haben gelernt, daß wir nichts anderes dort erwarten durften, als wir ge- funden haben. Wir zogen dorthin, den Zeus des Homer und des Pheidias im Herzen: es war recht, daß wir ihn im Herzen hatten, aber dann sollten wir ihn bei den Eleern nicht erwarten. Der Zeus Olympias darf nur angesehen werden als der Exponent des Glaubens und der Vorstellungen, die diejenigen Menschen von ihm hatten, die ihn in Olympia verehrten als die vom Glauben vorausgesetzte Ursache der Wirkungen, die sie von ihm verspürten. Im Blitze war er aus seinem Himmel niedergefahren; daher gehörte ihm der Ort. Weil der Himmel allerorten ist, konnten sich alle Hellenen in dem Kulte dieses Gottes an diesem Orte zusammenfinden. Der Verleiher des Sieges lenkte hier den Gang der Spiele, wie er auf dem Schlachtfelde die Entscheidung gab. Er ist ein nationaler Gott, ein Gott des Standes, der in Ernst und Spiel um den Sieg aus seiner Hand rang: das ist nicht wenig, aber es ist wenig für Zeus. Und es ist zu wenig, als daß uns dieser Gott unser Herz bewegte. Wie anders der Zeus des Pheidias! Wir schauen ihn nicht mehr; nur ein paar Münzen, die wir der antiquarischen Neigung der hadrianischen Zeit verdanken, und eine genaue Beschreibung geben von seinem Aussehen Zeugnis. Aber sie reichen hin, das zu bestätigen, was an sich anzunehmen war, daß Pheidias den Zeus bildete, den er als Athener in seiner künstlerischen Phantasie zu schauen begnadet war, den allmächtigen Herrn alles Lebens, den freund? lichen Vater aller Lebewesen im Himmel und auf Erden. Daß dieser Zeus in Olympia zu stehen kam, lag nur daran, daß die Eleer die Mittel hatten, das Werk zu stiften, zu dessen Pracht und Kostbarkeit, immerhin äußerlichen Dingen, die Welt bisher nichts Vergleichbares hervorgebracht hat. Nicht anders ist der Hermes des Praxiteles nach Olympia gekommen, nur weil ihn sich jemand aus Athen bestellt hatte. Es hat sich die Basis eines praxitelischen Werkes mit seiner Signatur auch an den Ufern des Dniepr
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