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1. Abt. 8 = Für Prima - S. 347

1908 - Berlin : Grote
Springer: Rafael. 347 wurden dadurch in seiner Brust nicht geweckt, allen Unternehmungen aber die Richtung auf das Große und Allgemeine gegeben. Wie seiner kriege- rischen Politik der Nepotismus durchaus fremd war, die Früchte seiner Siege ausschließlich der Kirchenstaat einheimste, so ruht auch seine Be- günstigung der Künste nicht auf bloßer persönlicher Liebhaberei, sondern erscheint als eine dem Papsttum und der Kirche dargebrachte Huldigung. Höfisch im äußeren Ursprung, wird die römische Kunst unter Julius Ii. von einem weltgeschichtlichen Zuge durchweht. Das ist ihr Vorzug vor der Kunst, wie sie an den anderen Höfen Italiens getrieben wurde. Nicht, daß gerade dieser oder jener Hof die Kunst liebte, verdient ausführliche Er- wähnung, als bedeutungsvoll niuß nur die größere Zahl solcher „Musen- höfe" betont werden. Den Künsten Schutz und Huld angedeihen zu lassen, die ästhetische Bildung zu pflegen, gehörte zu einem vollen fürstlichen Da- sein. Die römische Kunst am Hofe Julius' H. darf dagegen auf eine ganz besondere, ja geradezu einzige Stellung den Anspruch erheben. Sie ver- wirklicht, wenn auch nur für wenige Jahre, den Traum der vollkommenen, harmonischen Durchdringung zweier Weltalter und zeigt uns die Antike und das Christentum zu einer wunderbaren Einheit verschmolzen. Bramantes St. Petersbau, Michelangelos Decke in der Sixtina, Rafaels Fresken in den Stanzen des Vatikans sind die unsterblichen Denkmäler aus der Zeit Julius' Ii. Sie sind alle der Verherrlichung der christlichen Kirche und Lehre geweiht, huldigen der Größe des Papsttums. Des Papstes Hauptkirche, seine Kapelle, seine Prunkzimmer bilden den Schauplatz der künstlerischen Tätigkeit. Die Formen, in welchen Bramante, Michelangelo und Rafael sich bewegen, atmen bei aller Selbständigkeit und Freiheit der Künstler einen der Antike verwandten Geist. In doppelter Hinsicht erscheint in ihren Werken die Antike wiedergeboren. Abermals hat die Kunst nach vielhundertjährigem Ringen den Gipfel der Vollendung erklommen und wird von den folgenden Geschlechtern als Muster verehrt, mit demselben Ruhmes- titel wie die beste Kunst der Griechen und Römer begrüßt: sie heißt die klassische Kunst. Den Weg aber zur Vollendung hatte das begeisterte Studium der Antike, die Annäherung an ihre Gesetze und Formen gebahnt. Wie immer, wo die Knotenpunkte weltgeschichtlicher Entwicklung sich bilden, trafen hier in Rom im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts die rechten Kräfte mit den rechten Männern, solche Kräfte zu verwenden und in die rechte Bahn zu bringen, zusammen. Gewiß hätte sich der leidenschaftliche Wille und die furchtbare Energie des Papstes ohnmächtig erwiesen, wären ihm nicht durch die Gunst des Schicksals die größten Künstler nicht bloß seines Jahrhunderts zugeführt worden. Aber ebenso gewiß hätten Bramante, Michelangelo und Rafael ihre besten Kräfte zersplittert, wenn nicht der
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