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1. Abt. 8 = Für Prima - S. 348

1908 - Berlin : Grote
348 Springer: Rafael. großartige Sinn des Papstes alles Kleine und Spielende von ihnen fern gehalten hätte. Nur das Zusammenleben dieser Männer, von welchen die einen ihre Kräfte stetig wachsen und sich steigern fühlten, der andere dadurch zu immer größeren Forderungen den Mut erhielt, machte das glänzende Schauspiel, das uns die Regierungsjahre Julius' Ii. gewähren, möglich. Diese Initiative markvoller Persönlichkeiten erklärt es, daß wir vor der römi- schen Kunst jener Zeit wie vor einer unmittelbaren Offenbarung überrascht, ja geblendet stehen, obgleich die Vorgänger Julius' Ii. schon manche vor- bereitende Schritte getan hatten. Rafaels Madonnenideal. Durch Rafael ist das Madonnenideal Fleisch geworden. Pikantere, durch das Beimischen naturalistischer Züge gefälligere Darstellungen mochten wohl einzelnen späteren Malern noch gelingen; keiner aber hat das Wesen der Madonna so tief gefaßt, so reiche Züge in demselben erkannt wie Rafael. Er löste die Madonna von dem kirchlichen Boden ab und hob sie aus dem besondern Glaubenskreise zu allgemeiner menschlicher Bedeutung empor. Die Verwandlung erfolgte nicht rauh und gewaltsam. Wecken auch Rafaels Bilder keine streng religiöse Andacht, üben sie auch keine Zeichen und Wunder, so lassen sie doch einen frommen Ton leise anklingen. Denn die Eigenschaften, welche der gläubige Sinn in Maria verehrte, werden nicht verneint, sondern nur aus der dunkeln und vielfach dumpfen Welt der kirchlichen Bekenntnisse in das Reich lichter, allgemein und unmittelbar an- sprechender Empsindung übertragen. Auch Rafael schildert die hohe und reine Frau, indem er uns die jugendliche Mutter, die sich eins fühlt mit ihrem Kinde, ihre Freuden und Seligkeiten vor die Augen führt. Frei von allem Irdischen und Sinnlichen faßte die kirchliche Lehre die Mariennatur auf und hüllte sie demgemäß in ein geheimnisvolles Mysterium ein. Auf diesem Wege kann ihr die Kunst, welche jeden Inhalt in durchsichtige Formen kleidet, nicht folgen. Sie bietet aber in ihrer Weise vollkommenen Ersatz, ja gibt in menschlicher Wahrheit verklärt wieder, was der Volksglaube vielfach verworren und in sich wider- spruchsvoll bietet. Die Liebe der Mutter zum Kinde ist selbstlos, frei von jedem sinnlichen Zuge, keusch und dennoch glühend, von unnennbarer Süße und Innigkeit. Berauschender im Augenblicke wirkt wohl die Hingabe der Jungfrau an den Jüngling, einzelne zärtlichere Ausbrüche kennt die Neigung der Gatten zueinander, keine Empfindung kann sich an idealem Schwünge, an Reinheit und gleichmäßiger Wärme mit der Mutterliebe messen. Sie verschönt selbst das häßliche Weib, sie hebt die schöne Frau in die Gottes- nühe. Darum üben die anmutigen Frauen Rafaels, die hold verschämt
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