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1. Abt. 8 = Für Prima - S. 349

1908 - Berlin : Grote
Springer: Rafael. 349 zu ihrem Erstling herabblicken, ihn an den Busen drücken, sein Erwachen, seine Spiele belauschen, einen wahrhaft madonnenhaften Eindruck. Man betet nicht zu ihnen, man atmet aber mit ihnen göttliche Reinheit und himmlischen Frieden. Für diese menschliche Auffassung des Marienbildes — mancher wird sie vielleicht auch die profane Auffassung nennen, aber nur geradeso, wie Phidias und Polyklet die griechischen Göttertypen profanisierten — besaß Rafael in der Florentiner Kunst bereits mannigfache Vorgänger. Dem Beispiele Donatellos und anderer Plastiker folgend, haben auch schon die Filippo und Filippino Lippi, die Botticelli und Verrocchio die fröhlich liebende, jugendlich schöne Mutter in das Leben gerufen. Sie malten, wie das Kind an der Mutter emporklettert, sich an diese zärtlich anschmiegt; sie schildern, wie die Mutter ihrem Erstling eine Frucht, ein Spielzeug zeigt. Aber das Hauptmotiv bei ihnen bleibt doch die Anbetung des Christkindes durch die Madonna, welche mit gefalteten Händen vor demselben kniet oder von Engeln sich dasselbe reichen läßt. Die alte Tradition wirft auf ihre Darstellungen häufig einen wenn auch leichten Schatten, bei aller frischen Lebendigkeit der Einzelschilderung, während bei Rafael die neue Auffassung ganz ungetrübt und ungehemmt herrscht. Die Sixtinische Madonna. Die Sixtinische Madonna schließt sich in der Komposition am nächsten der Madonna di Foligno an. Die Mutter, das Christkind im Arme, er- scheint über den Wolken, von Engeln umgeben und von Heiligen verehrt. Jedesmal schuf Rafael, wie es die kirchliche Bestimmung der beiden Werke mit sich brachte, ein Andachtsbild und verlieh der Schilderung die Natur einer Vision. Doch faßte er in der Sixtinischen Madonna, und darauf übten gewiß die Teppichkartvns einen entscheidenden Einfluß, die Aufgabe ungleich großartiger. Wie er die äußeren Maße des Bildes steigerte, so vertiefte er auch die Charaktere und lieh der Vision einen viel reineren Ausdruck. Es war kein neuer Gedanke, die Szene so darzustellen, als ob sie bisher den Augen des Beschauers verhüllt gewesen und erst jetzt durch Öffnung des Vorhanges sichtbar geworden sei. Auch auf dem Teppich der Krönung Mariä ziehen zwei Engel den Vorhang zurück. Aber wirksamer konnte die Plötzliche Offenbarung eines bis dahin verborgenen Geheimnisses nicht vor die Augen gebracht werden, als es durch dieses einfache Mittel geschieht. Die Madonna thront nicht auf den Wolken, sondern schwebt gleichsam aus der Tiefe des Himmelsraumes vorschreitend auf denselben. In dem Augenblicke, wo in dem Christkind seine göttliche Natur dämmert und auch die Madonna ihrer hohen Sendung inne wird, müssen
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