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1. Abt. 8 = Für Prima - S. 350

1908 - Berlin : Grote
350 Springer: Rafael. die menschlichen Empfindungen zurücktreten. Das in früheren Schilderungen so festgeschlungene Band zwischen Mutter und Kind lockert sich. Wohl hat sich Christus behaglich in den Armen der Madonna zurechtgesetzt, den linken Arm bequem auf den Unterschenkel gestützt. Diesen natürlichen Zug mochte Rafael nicht missen. Wie diese Auffassung dem visionären Charakter des Bildes besser entspricht als die lieblich heitere Darstelluug in der Madonna di Foligno, so bekundet auch die Behandlung des Hintergrundes die weise Kunst des Meisters, selbst in untergeordneten Dingen die Stimmung festzuhalten. Der ganze Himmel erscheint wie übersät von kleinen Engelsköpfen, die sich zwischen den Wolken verlieren und den Eindruck des Traumhaften ver- stärken. Kein Donator vertritt die gläubige Gemeinde, keine reale Landschaft breitet sich zu Füßen der himmlischen Gestalten aus. Nur der ehrwürdige Papst Sixtus und die anmutige Barbara, deren Wahrzeichen, der Turm, hinter dem Vorhänge sichtbar wird, knien auf Wolkenschichten zu seiten der Madonna. Unten aber wird die Bildsläche durch eine Leiste geschlossen, auf welcher die Tiara des Papstes ruht und auf welche die beiden geflügelten Engelknaben ihre Arme stützen. Auch für diese sindet sich in der Madonna di Foligno eine verwandte Gestalt, der Engel mit der Schrifttafel. Während aber dieser in einer gemessenen Haltung, von der himmlischen Gruppe ganz losgelöst, beharrt, fügen sich die Engel in der Sixtinischen Madonna der Vision enge ein. Sie sind aus dem großen Engelsreigen herausgetreten, uni sich den Vorgang näher anzusehen, und blicken mit munterer Neugierde, so recht nach Kinderart, zu Christus empor. Sie lösen gleichzeitig die Spannung, in welche das Pathos der Hauptgestalten den Beschauer ver- setzt. Aus diesem Grunde, weil sie die Szene so vortrefflich abrunden, können wir die beiden Knaben nicht für eine nachträgliche Korrektur des Künstlers halten. Sie sind allerdings auf den fertigen Wolkengrund ge- malt; daraus zu schließen, daß Rafael ursprünglich an ihre Darstellung gar nicht gedacht hätte, erscheint keineswegs notwendig. Auch technische Rücksichten können dazu den Anlaß gegeben haben. Die beiden Engelkuaben, Ideale naiver Schalkhaftigkeit, und die Ma- donna mit dem Christkinde, unnahbar ernst und feierlich in ihrem Wesen, mit ihren großen Augen die Welt umfassend, nehmen in der Regel alles Interesse vollständig gefangen. Doch verdienen auch die beiden Heiligen- gestalten eingehende Betrachtung. In Geschlecht und Alter, in Ausdruck und Bewegung einander entgegengesetzt, ergänzen sie sich gegenseitig auf das beste und können gar nicht die eine ohne die andere Gestalt gedacht werden. Beide müssen mit der außerhalb des Bildes gedachten Gemeinde in Zu- sammenhang gebracht werden. Der Gnade der Madonna empsiehlt sie der andächtig fromme Sixtus, das freudige Entzücken der Gläubigen scheint in
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