1916 -
Trier
: Lintz
- Autor: Genniges, E., Buschmann, Johannes
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): Jungen
394
Ferdinand Freiligrath.
Ferdinand Freiligrath, geboren am 17. Juni 1810 zu Detmold, war
längere Zeit hindurch Kaufmann in Soest, Amsterdam und Barmen, lebte seit
1839 als Schriftsteller, meistens am Rhein, verwickelte sich 1848 in politische
Umtriebe, mußte flüchten, wohnte bis 1868 in London, seitdem in Stuttgart
und zuletzt in Cannstatt, wo er am 18. März 1876 starb.
Werke: „Ged'chte" 1838, „Ein Glaubensbekenntnis" 1844, „Zwischen den Garben"
1849, „Neuere politische und soziale Gedichte" 1849 und 1851, „Gesammelte Dichtungen"
1870, „Neue Gedichte" 1877; hervorragende Übersetzungen französischer und englischer
Dichtungen, so der Lieder von Robert Burns und von Longfellows „Sang des Hia-
watha" 1857.
H. Barbarossas erstes Erwachen. Gesicht des Reisenden. — Hi. Die Trompete von Bionville.
Der Liebe Dauer.
1. Die Auswanderer.
(Sommer 1832.)
Gesammelte Dichtungen, Leipzig (Göschen)", 1898, I, S. 11.
1. Ich kann den Blick nicht von euch
wenden;
Ich muß euch anschaun immerdar.
Wie reicht ihr mit geschäft'gen Händen
Dem Schiffer eure Habe dar!
2. Ihr Männer, die ihr von dem Nacken
Die Körbe laugt, mit Brot beschwert,
Das ihr, aus deutschem Korn gebacken,
Geröstet habt auf deutschem Herd;
3. Und ihr im Schmuck der langen
Zöpfe,
Ihr Schwarzwaldmädchen braun und
schlank,
Wie sorgsam stellt ihr Krüg' und Töpfe
Auf der Schaluppe grüne Bank!
4. Das sind dieselben Töpf' und Krüge,
Ost an der Heimat Born gefüllt.
Wenn am Missouri alles schwiege,
Sie malten euch der Heimat Bild:
5. Des Dorfes steingefaßte Quelle,
Zu der ihr schöpfend euch gebückt;
Des Herdes traute Feuerstelle,
Das Wandgesims, das sie geschmückt.
6. Bald zieren sie im fernen Westen
Des leichten Bretterhauses Wand;
Bald reicht sie müden braunen Gästen
Voll frischen Trunkes eure Hand.
7. Es trinkt daraus der Tscherokese,
Ermattet, von der Jagd bestaubt;
Nicht mehr von deutscher Rebenlese
Tragt ihr sie heim, mit Grün belaubt.
8. O sprecht, warum zogt ihr von
dannen?
Das Neckartal hat Wein und Korn;
Der Schwarzwald steht voll finstrer
Tannen,
Im Spessart klingt des Älplers Horn.
9. Wie wird es in den fremden
Wäldern
Euch nach der Heimatberge Grün,
Nach Deutschlands gelben Weizen-
feldern,
Nach seinen Rebenhügeln ziehn!
10. Wie wird das Bild der alten
Tage
Durch eure Träume glänzend wehn!
Gleich einer stillen, frommen Sage
Wird es euch vor der Seele stehn.
11. Der Bootsmann winkt! — Zieht
hin in Frieden!
Gott schütz' euch, Mann und Weib und
Greis!
Sei Freude eurer Brust beschieden,
Und euren Feldern Reis und Mais!