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1. Teil 5 - S. 209

1910 - Straßburg : Bull
209 die fortdauernde Stärke der nationalen Strömung nach dem Sieben- jährigen Kriege bezeugten. Noch immer war diese Strömung mit der Abneigung gegen die französische und mit einer gewissen Anlehnung an die englische Literatur verbunden. Sie wurde rascher und brausender und schwoll bedenklich über die Ufer. Die Tendenzen Klopstocks und Lessings erschienen gesteigert, übertrieben und mit neuen Impulsen ver- mischt. Die Reformbcwegung verwandelte sich in eine Revolution, welche eine Zeitlang die ganze Jugend erregte. Sie war national und volks- tümlich. Sie ward unternommen im Geiste Rousscaus gegen den Geist Voltaires, im Namen der Natur gegen die Kultur, im Namen der Leidenschaft gegen den Verstand, im Namen der Geschichte gegen das konstruierte Ideal, im Namen des Glaubens gegen den Zweifel, im Namen des Genies gegen die ästhetische Regel. Goethes Götz war die eigentlich revolutionäre Tat, die am meisten in die Augen fiel. Aber die Blätter von deutscher Art und Kunst gingen ihr vorher wie ein Programm, wie ein Manifest. Auch Herder opponierte gegen den Geist seines Jahrhunderts; auch er wurde von der historischen Auffassung beherrscht; will man all sein Denken und Dichten in eins fassen, so muß es heißen: Geschichte des menschlichen Geistes. Wunderlich sind die Wege, die ihn auf die Höhe führten. Der Sohn eines armen ostpreußischcn Schullehrers dient er dem Geistlichen des Orts und darf dessen Bücher benutzen; ein russischer Regimentschirurg nimmt ihn mit nach Königsberg, und unter den härtesten Entbehrungen studiert er dort anfänglich Medizin, dann Theologie. Durch Unterrichtgeben verdient er sich seinen Lebensunterhalt, die Not vermag nichts über den feurigen Willen des Jünglings, der als Schüler zu Kants Füßen sitzt und Studiengenosse des merkwürdigen Hamann wird. Als Lehrer und Prediger wird der 20jährige nach Riga berufen, und von dort aus tritt er zuerst als Schriftsteller auf. Die „Fragmente zur deutschen Literatur" und die „Kritischen Wälder" bezeichnen den Anfang einer überaus reichen literarischen Tätigkeit. Nach einer nur vierjährigen Tätigkeit in Riga legt er seine Ämter nieder und geht auf Reisen. Ein Aufenthalt in Paris, bei dem er in die Kreise Diderots und der Enzy- klopädisten eintrat, bestärkt ihn in seiner Abneigung gegen die Franzosen. Als Begleiter eines deutschen Prinzen soll er Italien, die Welt sehen, aber schon in Straßburg bleibt er zurück, um sich von einem Augenübcl heilen zu lassen, und hier trat er in Beziehungen zu dem Straßburger Studenten Goethe, die für beide so bedeutungsvoll wurden. Hier entstand seine Abhandlung über den Ursprung der Sprache, die ihm den Preis der Berliner Akademie erwarb, hier begannen die Studien über Ossian und Shakespeare, mit denen er nicht bloß Goethe, sondern eine ganze Generation von Dichtern beeinflußte. Ein sicherer Hafen eröffnete sich 14
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