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1. Teil 5 - S. 348

1910 - Straßburg : Bull
348 112. „Deutsch". Lamprecht: Deutsche Geschichte. I, 1891. Schon das letzte Jahrzehnt Karls des Großen war eine schwere Zeit; über seinem Grabe begann der Zerfall des Reiches. Er vollzog sich in persönlicher Verschuldung des Herrschergeschlechts und in wüster Parteiung weltlicher und kirchlicher Großen; der nationale Gedanke hat zu ihm keine Beziehung. Wohl zeigte sich eine gewisse gemeinsame Auf- fassung der politischen Vorgänge in den deutschen Reichstcilen einerseits, den romanischen andererseits, und Zu- und Abneigungen gegenüber den leitenden Personen des Staates ließen das unbewußte Wirken nationaler Auffassung durchblicken. Aber wie wenig wurden die schlummernden Gegensätze ans Licht gezogen! Noch dauerte die alte Unterscheidung beider Reichshülftcn nach oft- und westfränkisch fort, und den zahlreichen Reichs- teilungen unter den karolingischen Epigonen lag niemals der vollständig und rein erfaßte Gegensatz deutschen und welschen Volkstums zu Grunde, wie sehr auch die spätere Mark beider Nationalitäten von den wechselnden Grenzen durchzogen ward. Gleichwohl wuchs unter dem Gewirr der dynastischen Kämpfe das deutsche Volksbewußtsein einer weiteren Entwicklung entgegen. Der neue Prozeß umfaßt im ganzen das neunte bis elfte Jahrhundert; er führt allmählich zum Bewußtsein der äußeren typischen Verschiedenheit der Deutschen von anderen Völkern und wird zunächst durch das Anerkenntnis der besonderen Sprache gekennzeichnet. Schon in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts findet sich aus dem bereits westarischen Wortstamm diot „Volk" und seinen Ableitungen diäten „volksgemäß machen" und githiuti „Verständlichkeit" das Wort „deutsch" entwickelt im Sinne von „volksvcrständlich" und in Anwendung auf die Sprache. Im Beginn des 9. Jahrhunderts wird das Wort ausdrücklich der römischen Vulgär- sprache, dem aufkommenden Romanisch gegenübergestellt. Einen um- fassenderen Sinn mußte es am ehesten da annehmen, wo Deutsche mit Fremden untermischt saßen oder Deutsche wenigstens häufig unter Fremde gelangten. Das war in Italien der Fall: hier wird t6utiseu8 im Jahre 843 zum erstenmal zur Bezeichnung des deutschen Typus überhaupt, zur Kenntlichmachung der Volksangchörigkeit verwendet. Auch der fernere Fortschritt der Bedeutung gehört zunächst Ober- italien an, dessen Gefilde im 10. und 11. Jahrhundert oft genug und mehr als einmal auf lange Dauer deutsche Krieger sahen, das selbst seit dieser Zeit einen Teil des neuen römischen Reiches deutscher Nation bildete. Hier wird der Begriff auch zuerst politisch gewendet; seit Beginn unseres Jahrtausends spricht man von einem deutschen Reiche.
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