1900 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Henschke, Margarete
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Kimbrer.
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gedenkt; die Verzeichnung der Kimbrer und Teutonen in der germanischen
Völkertafel unter den Jngaeyonen neben den Chaukern; das Urteil
Cäsars, der zuerst die Römer den Unterschied der Deutschen und der
Kelten kennen lehrte und die Kimbrer, deren er selbst noch manchen
gesehen haben muß, den Deutschen beizählt; endlich die Völkernamen
selbst und die Angaben über ihre Körperbildung und ihr sonstiges Wesen,
die zwar auf die Nordländer überhaupt, aber doch vorwiegend auf die
Deutschen passen. Andererseits ist es begreiflich, daß ein solcher Schwarm,
nachdem er vielleicht Jahrzehnte auf der Wanderschaft sich befunden
und auf seinen Zügen an und in dem Keltenland ohne Zweifel jeden
Waffenbruder, der sich anschloß, willkommen geheißen hatte, eine Menge
keltischer Elemente in sich schloß; so daß es nicht befremdet, wenn Männer
keltischen Namens an der Spitze der Kimbrer stehen oder wenn die
Römer sich keltisch redender Spione bedienen, um bei ihnen zu kund-
schaften. Es war ein wunderbarer Zug. dessengleichen die Römer
noch nicht gesehen hatten; nicht eine Raubfahrt reisiger Leute, auch
nicht ein „heiliger Lenz" in die Fremde wandernder junger Mann-
schaft, sondern ein wanderndes Volk, das mit Weib und Kind, mit
Habe und Gut auszog eine neue Heimat sich zu suchen. Der Karren,
der überall bei den noch nicht völlig seßhaft gewordenen Völkern des
Nordens eine andere Bedeutung hatte, als bei den Hellenen und den
Italikern und auch von den Kelten durchgängig ins Lager mitgeführt
ward, war hier gleichsam das Haus, wo unter dem übergespannten
Lederdach neben dem Gerät Platz sich fand für die Frau und die
Kinder und selbst für den Haushund. Die Südländer sahen mit Ver-
wunderung diese hohen, schlanken Gestalten mit den tiefblonden Locken
und den hellblauen Augen, die derben stattlichen Frauen, die den
Männern an Größe und Stärke wenig nachgaben, die Kinder mit dem
Greisenhaar, wie die Italiener verwundert die slachsköpfigen Jungen
des Nordlandes bezeichneten. Das Kriegswesen war wesentlich das der
Kelten dieser Zeit, die nicht mehr wie einst die italischen barhäuptig
und bloß mit Schwert und Dolch fochten, sondern mit kupfernen oft
reich geschmückten Helmen und mit einer eigentümlichen Wurfwaffe, der
Materis; daneben war das große Schwert geblieben und der lange
schmale Schild, neben dem man auch wohl noch einen Panzer trug. An
Reiterei fehlte es nicht; doch waren die Römer in dieser Waffe ihnen
überlegen. Die Schlachtordnung war wie früher eine rohe, angeblich
so viel Glieder tief wie breit gestellte Phalanx, deren erstes Glied in
gefährlichen Gefechten nicht selten die metallenen Leibgürtel mit Stricken
zusammenknüpfte. Die Sitten waren rauh. Das Fleisch ward häufig
roh verschlungen. Heerkönig war der tapferste und womöglich der
längste Mann. Nicht selten ward, nach Art der Kelten und überhaupt