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1. Deutsche Prosa - S. 139

1900 - Gera : Hofmann
Shakspere, der Dichter und der Mensch. 139 Um die Zeit, wo Shakspere — ein vierzehnjähriger Knabe — die Schule verlassen haben mag, begann der Horizont seines Lebens sich mählich zu verfinstern. Es war zuerst der Wohlstand seiner Familie, der ins Schwanken geriet, um dann zu sinken, tiefer und immer tiefer zu sinken. Wir können die traurige Entwicklung der Dinge, welche die Familie Shakspere in Armut stürzte und um ihr Ansehen brachte, ihr Haupt John Shakspere seiner Aldermanswürde verlustig gehen ließ und endlich seiner persönlichen Freiheit beraubte, in Stratforder Urkunden deutlich genug verfolgen, vom Jahre 1578 bis zum Jahre 1587, wo die Entwicklung ihren Höhepunkt, jedoch noch immer nicht ihren Abschluß erreicht. In eben diese Zeit fällt jene Krisis in Shaksperes Leben, welche den Übergang aus den Knaben- in die Jünglingsjahre bezeichnet: das Erwachen jugendlicher Sehnsucht und Leidenschaft; die erste Jugendliebe mit ihren Träumereien, ihrer Schwärmerei — diesmal leider auch mit ihren Verirrungen, ihren für das ganze Leben bestimmenden Folgen. Im November 1582 ist William Shakspere im Begriff, sich zu verheiraten — er, der Achtzehnjährige, mit einem um acht Jahre älteren Mädchen — im Begriff, sich zu verheiraten, wie es scheint, ohne Ein- willigung seiner Eltern; bemüht, beim Bischof von Worcester die Er- laubnis zu seiner Vermählung mit Anna Hathaway zu erwirken. Bald daraus muß die Trauung stattgefunden haben. Und nun denke man sich den jugendlichen Familienvater in den nächsten Jahren seiner Ehe — wie er sich allmählich klar wird über das Mißverhältnis, welches schon die Verschiedenheit im Alter zwischen ihm und seiner Gattin aufrichtete; wie er sich klar wird über mannig- fache Aussichten, die Welt und Leben ihm geboten Hütten, und über die Fesseln, die ihm den Kampf um das Dasein erschweren und die er sich selber angelegt — wie die Schwierigkeit, den Bedürfnissen seiner kleinen Familie gerecht zu werden, sich von Tag zu Tag steigert, und die wachsende Zerrüttung der Vermögensverhältnisse seines Vaters seine Lage allmählich zu einer unhaltbaren macht. Da mag wohl der junge Ehemann von Reue, Beschämung, Verzweiflung und in der Verzweiflung von einer Art Galgenhumor ergriffen worden sein, er mochte den Versuch machen, ans Augenblicke die drückenden Sorgen von sich abzu- schütteln, und sich in Gesellschaft übermütiger Burschen auf tolle Streiche eingelassen haben. Jene Tradition, wonach Shakspere in Stratford mit lustigen Gesellen ein lockeres Leben geführt und allerlei Unfug, insbesondere auch Wilddiebstahl verübt haben soll, so übertrieben oder ungenau sie in manchen Einzelheiten auch ist, mag einen Kern von Wahrheit enthalten. Worauf es uns wesentlich ankommt, ist dies:
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