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1. Deutsche Prosa - S. 201

1900 - Gera : Hofmann
Hermann Hettner. 201 stimmte Instrument der Seele sich wieder herstellte und zerrissene Saiten wieder angeknüpft würden; als ob in seiner Gegenwart sich die Unruhe der aufgeregten Triebe stille, wie vor der Musik der Natur. Aber die Erinnerung, daß er mit der Transfiguration sein Lebens- werk schloß, lenkt unsern Blick noch einmal auf die Hauptgestalt. Es giebt Momente im Leben, wo sich der Gedanke einstellt, daß das Da- sein auf seinem Höhepunkt angelangt sei. Und während der Sterbliche oft auch da, wo das Leben nur noch eine Kette von Schmerzen für ihn und eine Pein für andere ist, sich an dies Leben anklammert: so wird er in jenen Momenten sich fürchten vor der Leerheit, in die ihm nun allgemach herabzusinken bestimmt ist; und wo der Strom des Lebens am höchsten geht, scheint es nicht so schwer zu vergehen. So hat Raphael, nach Vasaris Worten, nachdem er das Antlitz seines Christus vollendet hatte, den Pinsel nicht weiter berührt. Ernst Metfchet. 1861. Hermann Hettner, Kleine Schriften. (Braunschweig. F. Vieweg & Sohn.) Ernst Rietschel war am 15. Dezember 1804 zu Pulsnitz geboren. Pulsnitz, die Geburtsstätte des Schöpfers der Lessing-Statue, ist von Kamenz, der Geburtsstütte Lessings, nur zwei Stunden entfernt. Rietschel stammte aus eiuer braven, aber armen Handwerkerfamilie. Sein Großvater war Seilermeister in Pulsnitz gewesen, sein Vater war Beutler oder Handschuhmacher; in späteren Jahren erhielt er zu diesem Erwerb, der in dem kleinen Landstädtchen kümmerlich genug war, das Küsteramt. Im Vater waren die Züge des Sohnes bereits ganz bestimmt vorgezeichnet; Rietschel pflegte oft in dankbarster Er- innerung von ihm zu erzählen. Es ist ein rührendes Bild schlicht deutscher Bürgerlichkeit, wenn wir hören, wie der arme bildungsbe- dürftige Mann, der in seiner Jugend große Lust zum Studieren ge- habt hatte, dies aber wegen seiner Mittellosigkeit hatte aufgeben müssen, überall nach Büchern herumsucht und sich zu diesem Behuf sogar eine kleine Leihbibliothek anlegt, wie er seinen Freunden und Nachbarn ein vorsichtiger Ratgeber und Helfer ist, und wie er fern von jeder Frömmelei, aber voll tiefen Gottvertrauens nicht bloß allsonntäglich in die Kirche geht, sondern auch stille Hausandachten hält und jeden Morgen und Abend sein geistlich Lied singt, in welches Frau und Kinder freudig miteinstimmen. Die Mutter war sanft und in sich ge- kehrt, bescheiden und unermüdlich thätig; emsig darauf bedacht, durch
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