1900 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Henschke, Margarete
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Georg Gerland.
so wirkten auch jene ältesten arktischen Fahrten zunächst pfadfinderisch
erschließend. Ihnen folgten die Schiffe der Wal- und Robbenfänger,
eine Bucht, eine Insel und Straße nach der anderen auffindend, be-
nennend und für die Nachkommenden kartographisch festlegend.
Und nun traten im siebzehnten Jahrhundert Männer auf wie
Kepler, die Cassini, Newton, Bayle; von Frankreich ans entwickelte
sich der so merkwürdige Streit über die Gestalt der Erde, dessen letzte
Frucht, das einheitliche Metermaß, ebenfalls zu dem wertvollsten Besitz
der Menschheit zählt. Von Frankreich aus verbreitete sich eine ganz
neue Kartographie, welche an die Stelle der früheren roh-schematischen
Topographie das natürliche Bild des Landes setzte; von Frankreich aus
gingen die Ideen, welche politisch zur Revolution, wissenschaftlich zu
jener Umwandlung des Denkens führten, durch welche sich das neun-
zehnte Jahrhundert so scharf vom achtzehnten scheidet — alles dies machte
sich sofort ans dem Gebiete der Gesamtauffassung der Erde, der Erd-
kunde, geltend, wie dieselbe ja immer mit den großen Geistesbewegungen
der Menschheit besonders nahen Zusammenhang gezeigt hat. Und so
ist auch die Polarforschung im neunzehnten Jahrhundert plötzlich eine
ganz andere. Wohl suchte man noch die nordwestliche, die nordöstliche
Durchfahrt, aber nicht mehr um Indien zu erreichen; als die erstere
1852 von Mac Clure, die letztere 1879 von Nordenskjöld gefunden
war, bestand der Wert der Auffindung nicht in der Durchfahrt, er
bestand vielmehr in dem endlich sicheren Bild der Nordküste beider
Kontinente und in der reichen wissenschaftlichen Ausbeute beider Ent-
decker. Solcher Ausbeute, nicht mehr den Handelsinteressen, galten auch
die hohen Preise, welche die englische Regierung noch in unserem Jahr-
hundert für die Auffindung der Durchfahrt aussetzte, die kostspieligen
Expeditionen, welche sie zu gleichen: Zwecke ausrüstete: die früheren
Handelsfahrten waren zu wissenschaftlichen Forschungsreisen geworden,
und erforschen wollte man die gesamte Natur der polaren Erde.
Gleiche Ziele verfolgten die einzelnen. Der Waler Skoresby, neben
seinem Walfischfang zugleich Prediger in Schottland, machte auf seinen
Jagdfahrten ununterbrochene und wissenschaftlich höchst wertvolle Studien
über Hydrographie, Magnetismus, Meteorologie der arktischen Gegenden;
ebenso bereiste der nachmalige Dubliner Professor der Mineralogie,
Karl Ludwig Gieseke 1807—1813 West- und Ostgrönland nur, um
seine grundlegenden Studien über die geologische Beschaffenheit dieser
Küsten zu machen. Übrigens war er ein Deutscher, aus Augsburg,
und zwar ein Dichter, den wir alle gar nicht selten im Munde führen:
der Dichter der Zauberflöte, was hier erwähnt sein mag, da heute ja
auch der Geburtstag des Mannes ist, der selbst die Giesekischen Knittel-
verse unsterblich machen konnte, der Geburtstag Mozarts.