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1. Deutsche Prosa - S. 242

1900 - Gera : Hofmann
242 Georg Gerland. Daß trotz der Fabeleien von einem großen Südland, welches wohl gar das Goldland des Salomo sein sollte — daher der Name der Salomo-Inseln bei Australien — daß trotzdem der Südpol so gänzlich vernachlässigt wurde, hat seinen Grund in der Ungunst seiner Umgebung. Größere Landmassen sehten; die ungeheure Wasserwüste des Südens zeigt nur wenige Inseln, und diese besitzen weder größere Säugetiere noch gar menschliche Bewohner, während die Eskimo des Nordens für die Polarforschung unschätzbar wichtig sind. So blieb Magelhaens' Südfahrt 250 Jahre lang ohne Folge; der erste, der nach ihm hohe Südbreiten erreichte, war 1774 James Cook; ähnliche Expeditionen erfolgten erst nach weiteren fünfzig Jahren. Die be- kanntesten sind die der Franzosen unter Dumont d' Urville 1839, der Amerikaner unter Wilkes, der Engländer unter James Roß, der 1842 bis zum 78. Grad, der höchsten bisher erreichten Südbreite vordrang. Nach dem einjährigen Aufenthalt einer deutschen Station auf der Insel Südgeorgien, einer französischen an der Südspitze Amerikas, welche beide in den Kreis der internationalen Polumzingelung des Jahres 1883 gehören, nach einigen neuen Südvorstößen der letzten Jahre rüsten und sammeln gegenwärtig auch wieder eine Reihe von Nationen, Deutschland, Östreich, England, Amerika und andere, zu einer neuen internationalen Polbelagerung, die diesmal am anderen Ende der Welt stattfinden und für die Wissenschaft von allergrößtem Wert sein wird. Aber hier drängt sich uns die Frage auf: Warum? Warum erstreben wir nun gar das unzugängliche Südland? Was haben wir, die Menschheit, die Wissenschaft, von diesem so unsäglich opfervollen Studium der unwirtlichsten, schrecklichsten Gegenden der Welt? Eins empfanden wir alle beim Lesen einer arktischen Reise: neue, übergewaltige Eindrücke stürmten auf uns ein. Die schroffen Felsen und brandenden Küsten; das Eis bald in endlos ausgedehnter, öder Fläche, bald wild über einander getürmt; der tobende Kampf von Wasser, Fels und Eis neben totenstarrer, furchtbarer Stille; das röt- lich fremde Licht einer nicht untergehenden Sonne, die sich häufig in die seltsamsten Gebilde verzerrt; oder finsterer Nebel und endlose Dunkelheit, bisweilen jäh aufleuchtend in dem geisterhaften Wallen und Strahlen des Nordlichts, in welchem Plato und Pytheas die Oberfläche der wahren Erde, der Erde höherer Geister sahen — diese Natur hat eine überwältigende Erhabenheit. Nansen berichtet, daß die Eskimo den Tupilik, den bösen Dämon der Einsamkeit, fürchten, der dem Menschen die Sprache raube; es ist derselbe Dämon der Einsamkeit und ihres Schauders, vor dem die Griechen als dem großen Pan er- schraken, dem Böcklin in seinem „Schweigen des Waldes" ein so ent-
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