1900 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Henschke, Margarete
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Georg Gerland.
Wir bilden — wenigstens absichtlich — keine Mythen mehr, wir
wollen erkennen, begreifen: gerade deshalb aber werden wir so besonders
lebhaft zum Studium der polaren Welt hingedrängt. Ja, es giebt
Teile der Erde, die für die Erforschung unseres Planeten besonders
wichtig sind. Hierher gehören vornehmlich die Polargegenden: denn
nirgends drängen sich für unsere heutige Bildungsstufe zahlreichere und
größere Rätsel zusammen, als gerade hier. Hier tritt das magnetisch-
elektrische Leben der Erde in der wundersamen Erscheinung der Nord-
lichter hervor; die Eismassen, die ans unseren Hochgebirgen schon in
ihrer bescheidenen Form uns mit Staunen erfüllen, hier wölben sie
sich riesenhaft über weite Landflächen; zu den Polen drängen alle Wind-
bahnen der Erde; hierher die Meeresströmungen; der Haushalt der
Natur erscheint hier ein völlig anderer, wir sehen mächtige Feuerberge,
deren äußere Hüllen wohl gar ans lavabedeckten Eisschichten gebildet
sind, und unter den Eismassen der Pole finden sich Pflanzenreste,
welche beweisen, daß an der Stelle der jetzigen Vereisung und nicht
gar lange vor derselben tropische, subtropische Vegetation üppig gedieh.
Also die wunderbare Erhabenheit der arktischen Welt; sodann
der Trieb der Menschen, auf der ganzen Erde zu Hause und diesem
ihrem Hause geistig gewachsen zu sein; endlich die rätselhafte Eigenart
der Polargebiete: das sind die Gründe, weshalb die Menschheit, Völker
wie einzelne, sich stets von neuem und heute so besonders lebhaft um die
Pole bemühen. Was werden nun künftige Expeditionen zu beobachten
haben? Was sind für uns die wichtigsten Aufgaben der Polar-
forschung?
Zuerst ist die Untersuchung der Polarlünder in Beziehung ans
die Verteilung von Land und Meer, auf Größe, Höhe, Bodenbeschaffen-
heit der Landstächen, kurz, in Beziehung auf alles das höchst wichtig,
was man eine polare Länderkunde nennen mag. Denn die Gestaltung
der Erdoberfläche ist nicht zufällig — was wäre auch im Reich der
Natur, der ewigen Gesetzmäßigkeit zufällig? —, sie ist vielmehr Folge
der Wechselwirkung des Erdinnern und der Erdrinde. Letztere giebt
fortwährend Wärme aus dem Erdinnern nach außen hin ab und be-
wirkt dadurch Abkühlung und Zusammenziehung des Erdballs. Nirgends
aber ist die Abkühlung stärker als an den Polen; nirgends sind daher
auch die Druckwirkungen mächtiger, welche durch die Zusammenziehung
entstehen. Und so ist es eine der wichtigsten Entdeckungen Nansens
und der Mannschaft der „Fram", daß der Boden des Polarmeeres
nördlich von Sibirien mehr als 2000 Meter in eine Tiefe absinkt,
die wahrscheinlich mit den großen, von Professor Mohn entdeckten
Tiefen zwischen Grönland und Spitzbergen zusammenhängt. Und wie
der Meeresboden, so sind ans der atlantischen Seite des Polargebiets,