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1. Deutsche Prosa - S. 317

1900 - Gera : Hofmann
Ein Mahnruf in der Wohnungsfrage. 317 als die kleinen Hausbesitzer auf eigenem Grund und Boden. Diese wären innerhalb des Parks noch viel übler daran, würden oft mit großem Verluste verkaufen müssen, wenn nicht die Gesellschaft jetzt stets bereit wäre, die Häuser zurückzukaufen. In verschiedenen Gesellschaften scheint man in den letzten Jahren durch absichtliches Zurückkaufen sich auf denselben Boden gestellt zu haben, auf dem sich diese Diskussion widerspruchslos bewegte. Sie scheint mir ebenso lehrreich, als in ihren Motiven durch- schlagend. Je größer die Stadt, je mehr die Gebäude im Zentrum liegen, je weniger wohlhabend und gebildet die Bewohner sind, desto weniger ist die Erstrebung eines unbedingt freien Haus- und Grund- eigentums angezeigt, möglich und segensreich. Man hat, wie mir scheint, in Deutschland viel zu einseitig behauptet, jede gemeinnützige Baugesellschaft verfehle ihren Berns, wenn sie nicht Hauseigentümer schasse. Es leben in unseren großen Städten überhaupt nur noch wenige Prozent der Fainilien im eigenen Hause. Es ist gewiß wünschens- wert, daß diese Sitte wieder mehr zunehme — in den Vorstädten und für den besitzenden Mittelstand; aber ehe dieser solche Wünsche sich an- eignet, ist es Thorheit zu glauben, man könne und solle den kleinen Mann, den Fabrikarbeiter, dazu bringen. Er ahmt doch immer die Lebensgewohnheiten der Mittelklasse nach; er kann in seiner Lebens- haltung nicht anders als durch diese Nachahmung steigen. Dazu kommt, daß für die Menge dieser Leute doch oftmals das Wohnen in den Vororten zu zeitraubend, der Verkehr dahin zu teuer und zu schwierig ist. Gewiß muß man das Herausziehen der Etablisse- ments und der Arbeiter in jeder Weise fördern. Aber es ist nur für einen Teil und nur sehr langsam möglich. Die Menge bleibt in den engen alten Mittelpunkten des städtischen Lebens. Die Wohnplütze der Armen und Ärmsten sind in absehbarer Zeit von da nicht wegzubringen. Der Schluß, den wir daraus für die Aufgaben der deutschen Gegenwart ziehen, ist einfach: Soweit wir nicht auch in Deutschland schon Stiftungen für diesen Zweck haben, wie die Dresdener Joh. Meyer-Stiftung (über 300 000 Mark schon verbaut), die Hamburger Julius Ree-Stiftung (4 Mill. Mark), die ottensensche Heeft-Stiftung (100 000 Mark), müssen wir große Aktiengesellschaften ins Leben rufen, die in den Vorstädten Einzelhäuser für die Elite der Arbeiter, der kleinen Beamten, der Werkmeister bauen, aber nicht in erster Linie den Verkauf ins Auge fassen, die aber noch mehr beginnen, die eigent- lichen Arbeiter- und Armenqnartiere im Zentrum der Städte aufzu- kaufen, sie, soweit es nötig ist, umzubauen nach den englischen Vor- bildern, soweit es aber geht, sie nur zu renovieren und in musterhafter Weise zu vermieten.
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