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1. Deutsche Prosa - S. 385

1900 - Gera : Hofmann
Das Haus. 385 liebe für den genauen Abdruck aller Natur- und Kulturformen unserer Zeit ganz besonders eignet. Waren nicht schon unsere Voreltern gern zu Gast in den Pfarrhäusern zu Wakefield und Sesenheim? wehte nicht wohnliches Behagen und heitere Sicherheit sie an aus dem Patrizier- hause am Hirschgraben zu Frankfurt am Main, saßen sie nicht gern in dem schattigen Stübchen unter den plaudernden Gästen des Löwen- wirts, und baute sich nicht deutlich und fest vor ihrer Phantasie das Haus auf, zu dessen Gründung auf väterlichem Boden Hermann die edle Heimatsflüchtige sich gewann? Ja noch weiter zurück: die Welt der Griechen, deren Kenntnis fast seit einem Jahrhundert für die Bildung unserer Jugend beglückend und bedeutend geworden ist, sie steht nicht nur vor uns in ihren Heldenkämpfen, in ihren monumentalen Bauten und Bildwerken, in ihrer Philosophie. Auch ihr Ideal treuer Hausgemeinschaft, wohlgeordneten Hausregiments, ja selbst die Gefühle sind uns vertraut, welche ihnen das Heimwesen ehrwürdig machten und den geprüften Helden aus der Fremde mit mächtigem Zuge zurückführten. Wie hoch das Haus gipfele, wie bescheiden es sich an den Boden schmiege: von fester Hand gebaut, von treuem Sinn geschirmt, ist es eine der natürlichen Ausdrucks- und Darstellungsformen menschlichen Seins, an welchen die Tiefe und der Reichtum der Güte sich kund thut, die uns das vorübereilende Leben lieb und heimisch machen, unserem hilflosen Eintreten und unserem stillen Abscheiden eine schützende Stätte geben wollten. Das Martyrium, welches der Heiland auf sich genommen hat, wird uns in keinem Wort ergreifender vergegenwärtigt als in jenem Ausruf: „Die Vögel haben Nester, die Füchse haben Gruben, aber des Menschen Sohn hat nicht, da er sein Haupt hinlege!" Da das Haus unsere engere Heimat ist, erscheint naturgemäß dem Angehörigen jeder Nation die Gestalt, welche das Haus in seinem Vaterlande angenommen hat, als die der Idee der Häuslichkeit ent- sprechendste; selbst die einzelnen Vorzüge, welche der Unbefangene der häuslichen Einrichtung und Sitte anderer Nationen zuerkennen müßte, würden ihm das Gefühl des Zuhauseseins nicht erhöhen, wenn er sie plötzlich auf das eigene Heim übertragen sähe. Immerhin mag es frommen, die eigene Art im Licht der fremden zu betrachten. Nur ^ einige der Züge seien erwähnt, in denen das Hans des uns stamm- verwandten Engländers vom deutschen sich unterscheidet. Es ist ein unleugbarer Vorzug des englischen Hauses vor dem deutschen, daß die Arbeitsteilung eine strengere ist, daß der Herrschende wie der Dienende für die in sein Arbeitsgebiet fallenden Leistungen eine bestimmtere Verantwortlichkeit trägt und daß somit das Tagewerk des einzelnen nicht durch Übergriffe in das Tagewerk des anderen gestört M. Henschke, Deutsche Prosa. 25
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