1893 -
Trier
: Lintz
- Autor: Buschmann, Johannes
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
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Des Fanatismus Höllenwut preis gab.
Ja, so stand er sieben Jahre im Feld des Todes,
Hehr und frei und groß, wie ein Gott.
Es staunten die Völker. Der Helden Geister
Nickten ihm Beifall vom Wipfel der Eichen.
Ringsum wichen vor ihm die Scharen der Hasser,
80. Und so stand er in seiner Heldenhoheit
Allein da!
Auf Hubertusburgs Zinne
Trat der Gerichtsengel und sprach:
Es ist genug!
— Die Donner verstummten.
Friedrich zog in seine Königsburg
Und lenkt den Triumph aus.
Groß und glücklich zu machen sein Volk,
War Friedrichs erhabner Gedanke,
00. In des Landes Wunde traust' er Balsam!
Paläste stiegen aus Brandstätten empor;
Dem Landmanu gab er weisen Unterricht;
Die Musen sonnten sich wieder in Friedrichs Strahl
Er selbst war noch immer ihr Liebling.
Merkbar war das Wehen seines Odems
In jeder großen That der Welt.
Er wog im verborgnen die Rechte der Fürsten;
Auch hängt' er furchtlos die Wagschal' ans Schwert.
Da drängten sich Teutoniens Fürsten
100. In Friedrichs Felsenburg, wo der Riese
Sinnt auf dem eisernen Lager.
Sie boten ihn: die Hand und nannten ihn
Den Schützer ihrer grauen Rechte, sprachen:
„Sei unser Führer, Friedrich Hermann!"
Er wollt's. Da war der deutsche Bund.
Aber immer grauer wird deine Locke,
Einziger, nie ausgesungner Mann!
Dein Haupt nickt unter deiner Thaten Gebirgslast.
Bald wirst du liegen in deiner Väter Gruft,
110. Und der Unsterblichkeit Ruh wird über dir säuseln.
Voran sind schon deiner Helden viele gegangen;
Dessau, Schwerin und Winterfeld,
Hub Keith und Kleist und Seidlitz und Ziethen
Harren deiner im Tempel der Größe.
2. D e r e w i g e I u d e.
(Eine lyrische Rhapsodie.)
Aus einem finstern Geklüfte Karmels
Kroch Ahasver. Bald sind's zweitausend Jahre,
Seit Unruh ihn durch alle Länder peitschte.
Als Jesus einst die Last des Kreuzes trug
Und rasten wollt vor Ahasveros' Thür,
Ach! da versagt ihm Ahasver die Rast
Und stieß den Mittler trotzig vor die Thür,
Und Jesus schwankt' und sank mit seiner Last.
Doch er verstummt'. Ein Todesengel trat
10 Vor Ahasveros hin und sprach im Grimme:
„Die Ruh hast du dem Mcnschensohn versagt;
Auch dir sei sie, Unmenschlicher, versagt,
Bis daß er kommt!" Ein schwarzer höllentflohner
Dämon geißelt nun dich, Ahasver,
Von Land zu Land. Des Sterbens süßer Trost,
Der Grabesruhe Trost ist dir versagt!