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1. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 167

1911 - Leipzig : Dürr
167 B. ten Brink, Shakespeare, der Dichter und der. Mensch. gefüllt und nicht nur die Schriftsteller seiner eigenen Nation, sondern auch manche große Geister der alten Welt und des Auslandes — zumal Italiens — wenn auch zum großen Teil nur aus zweiter Hand, in Übersetzungen und Nachbildungen, kennen gelernt. Damals ist Shake- speare sich klar geworden über seinen eigentlichen Beruf und ist dem- jenigen Institut zugeführt worden, dessen Zukunft mit der seinigen un- zertrennlich verbunden war. Ohne Zweifel hat Shakespeare, wie die Tradition uns lehrt, beim Theater von der Pike aus gedient und sich erst allmählich zu einer höheren Stellung als Schauspieler und als Schanspieldichter emporgeschwungen. Bereits im Jahre 1592 gilt er für das Faktotum der Gesellschaft, der er angehörte. Unter den zahlreichen Torheiten, welche die Baeonianer sich zu- schulden kommen lassen, ist die größte wohl die, daß sie die Größe und Tiefe von Shakespeares Dichtungen mit seiner Stellung als Schau- spieler und Schauspielnnternehmer nicht vereinbar finden. Als ob der größte Dramatiker aller Zeiten ohne die genaueste Kenntnis der Bühne, wie sie nur durch vieljährige Praxis erworben wird, auch nur zu denken wäre. Und wie zeigt sich Shakespeare mit der Bühne verwachsen, wie liebt er es, das Leben unter dem Bilde des Schauspiels und um- gekehrt wieder das Schauspiel unter dem Bilde des Lebens anzuschauen! Wie genau kennt er die Leistungsfähigkeit des Schauspielers und die Bedürfnisse des Zuschauers! Warum gibt es bei Shakespeare keine un- dankbaren Rollen? Warum wirkt auch die üppige Fülle der Diktion und der verschlungene Gang tiefer Reflexion bei ihm dramatisch? Weil er die Bühne kennt, weil er, indem er seine Szenen schreibt, nicht nur seine Gestalten lebendig vor sich sieht, den Ton ihrer Stimme hört, ihr Mienenspiel und ihre Gesten sieht, sondern weil manchmal sogar diese Gestalten vor seinem geistigen Auge die vertrauten Züge be- stimmter Schauspieler an sich tragen. Das, was Shakespeares Werken ihr einzigartiges Gepräge aufdrückt, jene Verbindung von tiefstem, unvergänglichem Gehalt und höchster momentaner Wirksamkeit, erklärt sich eben nnr daraus, daß der Dichter der Bühne ganz und gar angehörte, in seiner Tätigkeit für das Theater seinen Lebensbernf antrat und doch wieder mit seinem Denken und Sinnen weit über den begrenzten Horizont der leichten Bretterwell hinausdrang. Und auch hier bietet seine Biographie uns charakteristische Züge, die uns in sein Inneres einen Blick werfen lassen. Vom Jahre 1592 bis zum Jahre 1599 sehen wir den Dichter die Höhe seiner Kunst er- steigen und zugleich in der Kunstwelt und in der Gesellschaft sich eine ge- sicherte, allgemein anerkannte Stellung erobern. Im ersten Jahrzehnt des siebzehnten Jahrhunderts schafft er dann seine tiefsten, großartigsten Werke. Aber noch bevor er den Höhepunkt erreicht, sehen wir ihn die ersten Schritte tun, um sich für seine späteren Jahre in seiner Geburtsstadt
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