1911 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Lorentzen, Theodor, Meyer, Alfred Gustav, Weise, Paul, Rode, Albert, Nagel, Louis
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Oberrealschule, Realgymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Prosaheft Vil
Uhrenschildmalerei. Der Oberamtmann wurde aufmerksam auf ihn.
Durch dessen Vermittelung kam Thoma 1859 auf die Kunstschule in
Karlsruhe, wo er seinen Hauptunterricht bei Schirmer genoß, demselben
Maler, der in Düsseldorf Böcklins Lehrer gewesen war und für dessen
freundliche Teilnahme der Schüler eine banernbe Dankbarkeit bewahrt
hat. Im Winter wurde fleißig in der Akademie gearbeitet, im Sommer
aber, während der Ferienzeit, zog der Jüngling immer wieder hinauf
in seine Heimat, und dort, auf den Feldern und Wiesen, im Walde,
offenen Auges für den großen, weiten Himmelshorizont, wie für jedes
Blümchen im Grase, bildete er Sinn und Hand aus.
Im Wald und auf der Vogelweid,
Da lernte er das Singen.
Bis 1868 ist er Schüler der Akademie geblieben. Lange schon
aber drängte es mächtig in ihm nach einer anderen, freieren Lehre, als
sie ihm dort geboten werden konnte. In freudigen, innigen Verhältnissen
zur Natur hatte er seine besondere Richtung, seine persönliche, unab-
hängige Knnstanschaunng gewonnen. Nun suchte er gleichsam eine
Bestätigung derselben und wanderte 1869 nach Düsseldorf, weil er
glaubte, sie hier zu finden, in dieselbe Stadt, in die es auch Böcklin
früher gezogen hatte. Aber wie dieser verweilte er nur kurze Zeit in
ihr, denn er fand sich in seinen Erwartungen enttäuscht. Er beschloß,
nach Paris zu gehen, dorthin, wo durch die Künstler von Fontainebleau
die Landschaftsmalerei zu hoher Blüte gelangt war. Er sah die Werke
Corots, Rousseaus und der anderen und lernte Millets Verherrlichung
des tiefen Einklanges zwischen Bauernleben und Natur, dem er selbst
schon aus eigenstem Antrieb seine Malerei gewidmet hatte, kennen. Was
aber sein Auge und seinen Geist besonders fesselte, war einerseits die
Kunst der alten Meister, die er im Louvre studierte, und andererseits
die energische, leidenschaftlich mit der Natur ringende Malerei Courbets.
Und von beiden Seiten erhielt er die tröstlich bejahende Antwort auf
die oft gestellte Frage, ob sein Ideal, das mit den Bestrebungen der
Kunstschulen seines Vaterlandes nichts zu tun hatte, zu verwirklichen sei.
Den alten Meistern und Courbet verdankt er, ohne sich die einen oder
den anderen unmittelbar zum Vorbild zu nehmen, was Stilgefühl und
malerische Naturaufsassung anbetrifft, die Versicherung seiner eigenen
Kraft und das erhebende Bewußtsein auf einem richtigen und großen
Wege zu sein.
Nach kurzem Verweilen ist er von da nach München gegangen,
wo er sich von 1870—1877 aufgehalten hat und die Bekanntschaft mit
verschiedenen Künstlern machte, unter denen Viktor Müller ihm besonders
teuer wurde, ein reich begabter Maler, einer der bedeutendsten unter
den Strebenden jener Tage, der sich an feurigem, idealem Wollen