1911 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Lorentzen, Theodor, Meyer, Alfred Gustav, Weise, Paul, Rode, Albert, Nagel, Louis
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Oberrealschule, Realgymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Prosaheft Vii.
sogar verletzend. Wie der Sturmwind brauste manchmal ihr Wort da-
her, wie der Blitz schlug es ein. Mit schonungslosem Freimute trat
Stein den gekrönten Häuptern gegenüber auf, die ihrer Pflichten gegen
das deutsche Vaterland so schmählich vergessen hatten, und nicht weniger
offen hielt Arndt in seinem „Geist der Zeit" den entarteten Rheinbnnd-
sürsten ihre Sünden vor. In beiden wohnte jener echte furor teutonicus,
jene wahre germanische Leidenschaftlichkeit, die alles Unreine, Unedle,
Kraftlose verzehrt. Es war der edle Zorn der Liebe für Recht und
Wahrheit, für Ehre und Freiheit, für Volk und Vaterland.
Und ihr deutsches Volk, ihr deutsches Vaterland liebten Stein und
Arndt mit der ganzen Kraft und Hingabe ihres edlen Gemütes. Ihre
Worte, ihre Taten beweisen es tausendfach. 8anetu8 amor patriae dat
animum, heilige Vaterlandsliebe verleiht den rechten Geist: Dieser
Wahlspruch der von Stein gegründeten Gesellschaft für ältere deutsche
Geschichtskunde ist der Leitstern seines eigenen Lebens gewesen. Denn
Steins Dasein ging auf im Dienste für das ganze deutsche Vaterland;
seine Tätigkeit, sein großes Reformwerk in Preußen ist vor allem von
diesem Gesichtspunkte aus zu betrachten. Preußen mußte groß und stark
gemacht werden, damit Deutschland geholfen werde. Deutschland brachte
er das Opfer der selbständigen politischen Existenz, um Deutschlands
willen aß er jahrelang das Brot der Verbannung, um Deutschlands
willen ertrug er die schmerzliche Trennung von seiner Familie. Die
Herstellung einer kräftigen deutschen Reichsverfassung hat er immer und
immer wieder in Wort und Schrift gefordert: Sein Ideal war das
gewaltige deutsche Königtum der Sachsenkaiser.
In all diesen Zügen gleicht der Jünger dem Meister, der Knappe
dem Ritter. Arndt ist von demselben Geiste der Vaterlandsliebe durch-
glüht, auch er hat sein Leben, seine Existenz Deutschland zum Opfer
gebracht.
Auf Rügen als schwedischer Untertan geboren und diesem Lande
ausrichtig zugetan, hat er sich das Volk, dessen Sprache er sprach, dessen
Hoffnungen und Empfindungen er teilte, mit dem er sich bluts- und
geistesverwandt fühlte, frei gewählt, nicht in Tagen des Glückes und
des Ruhmes, sondern in Zeiten der Not und der Schande, nicht um
eigenen Vorteils willen, sondern um zu heilen, zu helfen, zu retten, ohne
Rücksicht auf irgendeinen Lohn. Von Anfang bis zu Ende hat er die
eine Aufgabe seines Lebens unverwandt im Auge behalten: die staatliche,
religiöse und nationale Erneuerung Deutschlands in Einheit und Freiheit.
Diesem Ziele ist er in den Tagen des Glückes und in den Zeiten der
Verfolgung treu geblieben, mochten ihn nun die Schergen Napoleons
bedrohen, oder mochte er, von den Demagogenriechern verfolgt, seines
Amtes als Professor der Geschichte an der Universität Bonn entsetzt
werden. Noch als hochbetagter Greis hat er in der Paulskirche zu