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1. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 419

1911 - Leipzig : Dürr
R. Linde, Niederelbische Landschaft. 419 das Auge blickt, Bilder plastischer Art von altem Reiz: die Gänse, die Schafe mit den Lämmern, die Rinder, weidend oder im Grase ruhend, die Rosse am Gatter, den schlanken Hals aneinander geschmiegt. Bei weitem das schönste Tierbild ist der junge Stier, wie er mit dumpfem Stöhnen und heißem Atem den Priel durchwatet, oder auch, wie er ruhig am Gatter steht, den Kopf erhoben, Nacken und Rücken eine gerade Linie, die Schenkel gestemmt, ein Bild starrer, gebundener Urkraft. Der schweigende Mittag zeigt den besonderen Charakter jeder Land- schaft gesteigert. Niemals wirkt das Waldweben geheimer, die blühende Heide traumverlorener, die südliche Felsenlandschast sonnendurchglühter als am Mittag. So tritt auch in der Marschlandschaft das Plastisch- Gebundene am Mittag am stärksten hervor. Gänzlich fehlt das geheimnis- volle Raunen der Blätter. Wie leblos stehen Eschen und Weiden, kein Hauch in dem starren Schilf, Roß und Rind wie aus Bronze geformt, die Schafe lagern bewegungslos am Prielufer, die Enten schlafen am Deich, nur unmerklich rinnt das Prielwasser aufwärts. Der Mittagsstille ist der Mondzauber verwandt. Auch dann be- gegnet uns ein ähnliches Bild bewegungsloser Plastik. Jede Einzelheit des Laubwerkes ist verschwunden, die blauen Baumgestalten wirken als körperhafte Massen, nur auf dem spiegelnden Schilfwasser glitzert ein wirres Spiel, Ring an Ring auftauchend und gibt Kunde von dem geheimnisvollen Leben der Tiefe. Bisweilen erscheint der plastisch monumentale Charakter der Land- schaft geradezu ins Stilisierte gesteigert. Bei der ausgeprägten Eben- flächigkeit und Bodengleichheit lag für den bauenden Menschen nirgends ein Grund vor, von der mathematisch kürzesten geraden Linie abzugehen, und so ist jeder Graben, jeder Weg, jede Furche, jede Hecke, jede Straße geradlinig. Dazu tritt die Regelmäßigkeit der Linie in dieser Kultur- landschaft. Das Zufällige fehlt. Gleichweit laufen die Ackerstücke, in gleicher Entfernung sind Bäume, Büsche und Stauden gepflanzt. Auch Haus und Hof zeigen die gleiche gebundene Linienführung. Geradlinig der Hausgraben, die Weiden-, Pappeln- und Eschenpslanzungen, Garten und Beete geometrisch abgeteilt, steife Wacholder- und Lebensbäume drinnen oder bunte Glaskugeln auf hohen Stäben. Eine geradlinige Allee beschnittener Bäume führt auf die Hadler Höfe, beschnittene Schutzbüume umgeben die Front und spiegeln sich, die Wirkung ver- stärkend, mit den Bäumen und Büschen des Gartens im Hausgraben wieder. Auch das Haus selber ist in Form gebunden, schematisch das Balkonwerk, das Sckffteinmofaif; bald Zickzackmuster, die über die Hausfront hinlaufen, bald vielgestaltige Einzelmuster wie Teppichgewebe zwischen dem Balkengefüge. So namentlich im Alten Lande. Hwrher gehört auch das besonders stilisiert wirkende Bild der vielen Mühlen, namentlich der Wilstermarsch, die sich in langer Reihe und regelmäßigem 27*
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