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1. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 422

1911 - Leipzig : Dürr
422 Prosahest Vii. hm in dunkles Violett bis Ultramarin wandelt und das Fleetwasser das weiche Farbenspiel umgekehrt wiederholt. Das hat noch kein Maler gemalt. Und wieder durch die Staubfülle erklärt es sich, daß gerade die Sonnenuntergänge in dem Wasserdunst des Hafens von unvergleich- licher Schönheit sind. Sie können bisweilen in ihrer Leuchtkraft an die Farbenschönheit der Sonnenuntergänge nach dem Krakatoaausbruch er- innern. Und da ein gnädiges Schicksal den Elbbusen nach Sonnenunter- gang richtete, im Gegensatz zur Trave, der Kieler Föhrde oder der Themse, so spiegeln Welle und Strom den Lichtzauber wider. Daher kommt es, daß Abend für Abend sich ein glühendes Lichtmeer in den Strom ergießt und zur Winterszeit zwischen den blauen Eismassen Ströme rieselnden Goldes erglänzen, auf denen die lichtumsponnenen Silhouetten ankommender Dampfer langsam Heraugleiten, umschwärmt von Hunderten von Möven. So kommt auch das Gegenlicht zu seinem Rechte. Und wieder aus jenem Wasserreichtum der Atmosphäre erklärt sich die Größe der Wolkenbilder. In ungebrochener Kraft schieben sie sich vom nahen Meere her. Gerade zur Herbstzeit kaun man sie in riesiger Größe über dem Elbbusen aufsteigen sehen, oft nur eine einzige Wolke, einem grauen Riesengeier gleich, der, zum Zenith sich hebend, mit gestreckten Fängen die Himmelswölbung umklammert. Oder es gleißt und flackert stunden- lang hinter den dichten Wolkenschichten von geheimem Leben. Zu diesen mehr allgemeinen Merkmalen in Linien und Farben treten Einzelbilder, die es nur hier geben kann. Dahin gehören vor allem die Deichbilder des Wasserlandes. Schon an und für sich ist der Deich von hohem Reiz mit seinem Idyll der weidenden Schafe und Ziegen, der Rinder und Rosse, der spielenden Kinder, der hangenden Fischernetze, der Gatter und Treppen, der weißgestrichenen Bänke, wo abends die Mädchen sitzen und der Wind erfrischend über den Strom weht. Man muß einmal im Herbst und Hochsommer die Nebendeiche sehen, nicht wenn sie „schaubar" gemacht worden sind, sondern kurz vorher. Dann sind sie erst in Wahrheit „schauenswert", meterhoch mit malerischem Unkraut bedeckt, Rainfarn, Schafgarbe und Glockenblumen. Nur im Salzwassergebiet ist der Deich kahl, im Süßwassergebiet da- gegen von Eschen und Weiden begleitet, an den Nebendeichen mit Kastanien-, Wallnuß- und anderen Fruchtbäumen bepflanzt, deren Herbst- segen in schwerer Fülle über dem Wanderer hängt. Der Höhepunkt dieser niederelbischen Fruchtbaumlandschast ist der Lühe-, Este- und Krückaudeich zur Zeit der Obstblüte. Eine Mondnacht oder ein sonniger Morgen, wenn die Milliarden weißer Blüten, von Bienen umsummt, sich im Wasser spiegeln, hat seinesgleichen nicht in Deutschland. Da mm der Deich wie ein gleichmäßig erhöhter Weg das ganze Wasserland durchzieht, so öffnet sich der Blick nach beiden Seiten in die Wildnis des Außendeichs und die Gartenlandschaft des Binnen-
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