1874 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Nacke, Carl
- Hrsg.: Lüben, August
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
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ten ausgestellt wurden, war natürlich; allein man kannte die
Kunst noch nicht, diese durch eine weitere Circulation wieder zu
Gegenständen des Handels zu machen. Der Geldhandel im
Großen, wie er gegenwärtig ist, steht außerdem in einer zu ge-
nauen Verbindung mit dem öffentlichen Credit der Staaten, be-
sonders der großen Handelsstaaten, und ist erst eine Folge der
Kunst gewesen, auf die der menschliche Geist vielleicht am meisten
rasfinirt hat, öffentliche Schulden auf die möglichst vortheilhaste
Art zu machen und wieder abzutragen. Diese Kunst blieb unbe-
kannt in der alten Welt, weil sie überflüssig war. Die damals
so viel geringeren Staatsausgaben wurden entweder durch aufge-
legte Tribute bestritten, oder auch in außerordentlichen Fällen,
wenigstens in Freistaaten, durch freiwillige Anleihen von Bür-
gern, die man zurückzahlte, aber die kein Gegenstand einer kauf-
männischen Speculation werden konnten. Der eigentliche Wech-
selhandel aber setzt ein Wechselrecht voraus und kann schwerlich
ohne regelmäßig eingerichtete Posten bestehen, weil Alles dabei
auf eine sichere, schnelle und häufige Correspondenz ankommt. Es
ist zwar sehr verkehrt, wenn man eine plötzliche Aufhebung unse-
rer Posteinrichtnngen annimmt, und aus der Stockung, die als-
dann entstehen müßte, auf die geringe Lebhaftigkeit des alten
Handels zurückschließen will (denn die Aufhebung einer schon
bestehenden Einrichtung ist immer mit weit größeren Unbequem-
lichkeiten verbunden, als ihr gänzlicher Mangel, wo sich von
selbst andere Ersatzmittel finden mögen); aber daß gewisse Zweige
unsers Handels lediglich von den Posteinrichtungen abhangen und
durch sie erst möglich geworden sind, bleibt darum nicht minder
eine ausgemachte Sache.
Die größere Einfachheit des alten Handels, indem er nur
im Kauf und Verkauf von Waaren bestand, zeigt sich auch darin, -
daß nicht so viele und so verschiedene Klassen von Teilnehmern
dabei beschäftigt waren, wie gegenwärtig. Zwar muß man auch
hier nicht zu absprechend in seinen Behauptungen sein. Wer
kann uns noch mit Gewißheit darüber belehren, wie es in einem
großen phönicischen oder karthagischen Handelshause aussah?
Daß in den großen Handelsländern der Handel auch außer den
eigentlichen Kaufleuten eine große Menge von Menschen, von
Zwischenhändlern u. s. w. beschäftigte, sieht man an mehreren
Beispielen, wie z. B. die Kaste der Dolmetscher, der Mäkler in
Aegypten; und überhaupt bürgt uns die Unveränderlichkeit der
Sitten und des ganzen gesellschaftlichen Lebens im Orient wohl
dafür, daß auch die Einrichtungen des Handels sich hier wenig
geändert haben. Die Verschiedenheit findet sich also nur haupt-
sächlich zwischen der Form des jetzigen und des alten europäischen
Handels. Wahrscheinlich indeß brachten es doch die damaligen