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1. Theil 6 - S. 175

1874 - Leipzig : Brandstetter
17 5 gattenverhältniß des allerhöchsten Paares der Christenheit mit Augen zu sehen gewürdiget^lvorden. Als aber die Kaiserin, ihren Gemahl zu begrüßen, das Schnupftuch geschwungen und ihm selbst ein lautes Vivat zugerufen, sei der Enthusiasmus und der Jubel des Volkes auf's höchste gestiegen, so daß das Freudengeschrei gar kein Ende hat finden können. Nun verkündigte der Glockenschall und nun die Vordersten des laugen Zuges, welche über die bunte Brücke ganz sachte ein- herschritten, daß Alles gethan sei. Die Aufmerksamkeit war größer denn je, der Zug deutlicher als vorher, besonders für uns, da er jetzt gerade nach uns zuging. Wir sahen ihn, sowie den gan- zen volkserfüllten Platz beinah im Grundriß. Nur zu sehr drängte sich am Ende die Pracht; denn die Gesandten, die Erbämter, Kaiser und König unter dem Baldachin, die drei geistlichen Kur- fürsten, die sich anschlossen, die schwarz gekleideten Schöffen und Rathsherren, der goldgestickte Himmel, Alles schien nur Eine Masse zu sein, die nur von Einem Willen bewegt, prächtig har- monisch , und so eben unter dem Geläute der Glocken aus dem Tempel tretend, als ein Heiliges uns entgegenstrahlte. Eine politisch-religiöse Feierlichkeit hat einen unendlichen Reiz. Wir sehen die irdische Majestät vor Augen, umgeben von allen Symbolen ihrer Macht; aber indem sie sich vor der himmlischen beugt, bringt sie uns die Gemeinschaft beider vor die Sinne. Denn auch der Einzelne vermag seine Verwandtschaft mit der Gottheit nur dadurch zu bethätigen, daß er sich unterwirft und anbetet. Der von dem Markt her ertönende Jubel verbreitete sich nun auch über den großen Platz, und ein ungestümes Vivat er- scholl^ aus tausend und aber tausend Kehlen und gewiß auch aus den Herzen. Denn dieses große Fest sollte ja das Pfand eines dauerhaften Friedens werden, der auch wirklich lange Jahre hin- durch Deutschland beglückte. Mehrere Tage vorher war durch öffentlichen Ausruf bekannt gemacht, daß weder die Brücke noch der Adler über dem Brunnen preisgegeben und also nicht vom Volke wie sonst angetastet wer- den solle. Es geschah dies, um manches bei solchem Anstürmen unvermeidliche Unglück zu verhüten. Allein um doch einigermaßen dem Genius des Pöbels zu opfern, gingen eigens bestellte Per- sonen hinter dem Zuge her, lösten das Tuch von der Brücke, wickelten es bahnenweise zusammen und warfen es in die Luft. Hierdurch entstand nun zwar kein Unglück, aber ein lächerliches Unheil; denn das Tuch entrollte sich in der Luft und bedeckte, wie es niederfiel, eine größere oder geringere Anzahl Menschen. Diejenigen nun, welche die Enden faßten und solche an sich zo- gen, rissen alle die Mittleren zu Boden, umhüllten und ängstigten
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