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1. Mancherlei für Jung und Alt - S. 75

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
75 wieder ein Zwischenspiel aufgeführt; aber nicht von Possenreißern! Nein, keine Possenreißer mehr! die sind zu zahm, zu matt! die taugten für den Anfang! Jetzt müssen auch die Späße konvulsivischer Art sein. Das römische Volk hängt sehr an den Heldenthaten seiner Väter, begeistert sich für den Mutius Scävola, würde gerne sehen, wie er sich benommen hat bei der Tortur, der er sich freiwillig unterzog. Diesen Wunsch des Volkes befriedigt man, aber wie? Sklaven tragen Becken voll glühender Kohlen in die Arena, und ein Unglücklicher wird herbeigeführt und legt wirklich selbst und allein seine rechte Hand auf die Kohlen. Warum thut er das? Er ist mit einem in Schwefel getauchten Gewand bekleidet worden und zwei Henker mit brennenden Fackeln stehen neben ihm und sind bereit, ihn in Brand zu stecken bei der mindesten Zögerung. Und diese gräßliche Parodie gefällt dem Volke sehr! Fanfaren ertönen, die Jagd beginnt. Von einer Seite treten Truppen von Bestiariern ein, von der andern wälzen sich Hügel mit Gesträuchen, Bäumen, Nasen und Felsblöcken bedeckt vermittelst künstlicher Maschinerie in die Arena. Eine andere Maschinerie schiebt die Felsblöcke auseinander und siehe! aus ihren Höhlen und Grotten springen Löwen, Panther, Bärew, Büffel hervor; das sind die Jäger. Das Wild sind Menschen, die Bestiaricr, und seltene kostbare Tiere, die sich nicht verteidigen können, z. B. der Vogel Strauß, die Giraffe. Das Würgen beginnt von neuem, bis Menschen und Tiere durcheinander blutend, sterbend, tot im grauen- haften Gemisch in dem künstlichen Wald liegen. Einige uumidische Löwen und einige Bären aus den Nätischen Alpen behaupten ungestört das Schlachtfeld und ruhen als Sieger, gesättigt durch Meuscheufleisch und Menscheublut, zwischen Leichen und Gebeinen. Ein neuer Scherz belustigt die Zuschauer, die edlen Senatoren, die zarten Vestalinnen ganz ungemein. Ein armseliger Sklave wird in die Arena gestoßen. Auf seiner geöffneten, ausgestreckten Hand liegt ein Ei und er soll damit, ohne es fallen zu lassen, ohne es zu zerbrechen und ohne die Hand zu schließen von einem Ende der Arena zum andern gehen. Die Angst, die bebende Hast, die scheue Verzagtheit, die krampf- haften Bewegungen, die Totenblässe des Ärmsten, das grimmige Knurren der Bären, das dumpfe, drohende Gebrüll der Löwen werden mit Jubel ausgenommen. Die Tiere lassen, großmütiger als die Zuschauer, dies elende Geschöpf mit der Furcht davonkommen. Hätten sie es zerrissen, so würde die Heiterkeit der Zuschauer nicht im mindesten dadurch getrübt worden sein. Die Leidenschaft für diese Spiele war so groß, daß, wenn der Fest- geber dem Volke die größte Freude machen wollte, sie auch nachts fort- gesetzt wurden und dann zuweilen zwei, drei, ja fünf Tage und fünf
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