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1. Mancherlei für Jung und Alt - S. 222

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
222 bet dieser Gelegenheit auch von den höhern, ja selbst von Fremden ge- tragen wurden, da sie so brillant sind, daß Pariser Tracht gar nicht dagegen aufkommt. Eine hochrote, reich mit Gold gestickte, eng anschließende Jacke und ein weißes, gesticktes, reiches Spitzenhalstnch bedecken den Leib; in das Haar ist ein hochrotes, breites seidenes Band wie eine Krone geflochten, dessen eines Ende lang herabhängt, während ein silberner, mit goldenen Ähren verzierter Pfeil die schweren Flechten zusammenhält. Große, goldene, breite Armspangen tragen nebst dem brennenden Rot das Ihrige dazu bei, den gedämpften Teint noch feiner und reizender zu machen, die dunkle Nacht der reichen Haare noch mehr zu heben. — Ein hellblau oder violett schillernder, kurzer Taffetrock und eine weiße, reichgestickte Florschürze, sowie atlassene, mit roten Maschen geschmückte Schuhe vollenden den glänzenden Anzug, der den schönen Gestalten eine Frische und Lebendigkeit giebt, daß ein Balkon mit ihnen gefüllt aus- sieht wie ein prachtvoller Blumenstrauß. — Der Teil des Publikums nun, der sich zu Wagen oder zu Fuß bewegt, ist durchschnittlich der heraus- fordernde, angreifende Teil, der fest placierte der verteidigende. Der Krieg wird mit Bouquets und Confettis geführt, die beide wieder in gute und schlechte zerfallen, und welche Munition man in möglichster Fülle vor sich zu haben pflegt. Mit Bouquets bewaffnet erstürmt man die Wagen, wirft sie den schönen Frauen oder Bekannten auf den Balkönen zu, und empfängt je nach dem Wohlwollen, das man erregt, schönere oder eben so schöne, schlechte oder gar einen Strom von Confettis zurück, die aus wirklichem Zuckerwerk oder aus feineren und gröberen Gipskügelchen be- stehen und an jeder Ecke centnerweise zum Verkauf bereit stehen. Dieser Austausch von Gunstbezeugungen und Neckereien von Balkon zu Wagen, von der Straße in die Wagen und Balköne, ohne irgend einen Unter- schied der Stände, ist nun so nnnnterbrochen, so lebhaft, der schöne Krieg wird mit einem solchen Jubel und zugleich durchschnittlich mit solcher Liebenswürdigkeit geführt, daß auch der ärgste Hypochonder in diesen Strudel von Mutwillen und tollster Jugendlust hineingezogen werden müßte. Kaum ist man zwei Minuten in der Straße, so sieht man sich schon mitten im Gefecht, hat Sträuße ausgeteilt und empfangen und ist über und über mit Confettis beschüttet. — Wenn etwas so kühn Heraus- forderndes und bacchantisch Lustiges bei uns versucht werden wollte, so würde das unzweifelhaft zu Zank und Streit aller Art führen, Roheit und Ausgelassenheit den Platz behaupten und Schönheit und Grazie gar bald davon vertrieben werden. Hier ist dies keineswegs der Fall, trotz- dem daß auch die alleruntersten Klassen ebenso leidenschaftlich an dem Feste teilnehmen, als die höherstehenden, und es sind fast nur Fremde, die sich erlauben, die Grenzlinie zu überschreiten. Streit und Zank habe
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