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1. Mancherlei für Jung und Alt - S. 322

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
322 auch ungeschickter und mit mehr Zeitaufwand; denn auch sie stimmen mit ihren Ansichten nicht immer überein. Musterhaft zeigt sich oft die Unermüdlichkeit ihrer Ausdauer, welche die Orientalen durch eine fchöne Legende verherrlicht haben. Irgend ein Prinz, fo erzählen sie, im Kriege mehrmals zurückgeschlagen, lag, beinahe verzweifelnd, in seinem Zelte. Eine Ameise lief an der Seitenwand in die Höhe. Er warf sie wieder- holt herab, aber immer kletterte sie wieder hinauf. Neugierig, zu sehen, wie weit sie ihre Hartnäckigkeit treiben werde, warf er sie achtzig Mal herunter, ohne sie dadurch zu entmutigen. Er selbst war ermüdet, aber zugleich auch von Bewunderung erfüllt. Die Ameise hatte ihn überwunden. Da sagte er zu sich: „Ahmen wir ihr nach und auch wir werden siegen." Was der Prinz sah, können wir täglich erfahren, wenn wir uns nur die Zeit dazu nehmen wollen. Bei ihren Zufuhren kommen den Ameisen die breiten Straßen zu statten, welche sie anlegen und mit der Zeit ganz glatt treten; sie marschieren auch in ziemlich geordneten Reihen die Baum- stämme empor, um Harz zu holen oder die Blattläuse zu melken. Auf den Zweigen beunruhigt, lassen sie sich fallen. So roh auch das Äußere ihrer Hütten aussieht, im Einklänge mit dem Materiale, aus welchem sie bestehen, so bewundernswürdig ist doch die Zweckmäßigkeit, die berechnete Anordnung im Innern derselben. Dieses besteht aus einer Unzahl von Gemächern verschiedener Größe, alle durch Gänge miteinander verbunden und in verschiedene Stockwerke ver- teilt, einige tief unten in der Erde, andere in der Kuppel des Gebäudes. Jene sind bestimmt zur Aufnahme der Jugend bei kaltem Wetter oder über Nacht, diese werden bei Tage gebraucht. Die aus dem Fundament entnommene Erde wird mit den schon genannten oder ungenannten Materialien gemischt und giebt dem luftigen Schlosse seinen Halt. Strahlen- artig führen Gänge von dem Innern nach außen, die Thore der volk- reichen Stadt sind durch aus und ein passierende Bewohner fortwährend belebt, für Fremde aber verschlossen durch die wachehaltenden „Stadt- soldaten". Bei Regenwetter oder für die Nachtzeit pflegen sie ihre Thore ebenfalls zu verschließen. Die Arbeiter, verschieden an Größe, teilen sich in zwei Rotten: die Lieferantinnen, welche das Nötige herbeischaffen, und die häuslichen Wärterinnen, welche die innern Familienangelegenheiten, besonders die Er- ziehung der Jugend und die Ernährung der stets drinnen verborgenen Männchen und Weibchen besorgen. Ihnen fällt eine ungeheure, unab- lässige Beschäftigung zu, wenn man nach den fortwährenden Bewe- gungen um die Wiege urteilt. Fällt ein Regentropfen, scheint ein Sonnenstrahl, so giebt es einen allgemeinen Aufstand, eine Umbettung aller Kinder, und das mit unermüdlichem Eifer. Man sieht, wie
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