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1. Mancherlei für Jung und Alt - S. 444

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
444 Abschluß. In Münster verkehrte sie mit den Stolberg und andern her- vorragenden Persönlichkeiten; längere Zeit lebte sie bei Verwandten am Rhein, in Köln und in Bonn, woselbst sie mit einem Kreis schöngeistiger Berühmtheiten in lebhafte Berührung kam. Namentlich aber war es das Haus des preußischen kommandierenden Generals von Thielemann (zuerst in Münster, dann in Koblenz), wo sie sich besonders angezogen fühlte. Mit der Gemahlin des Generals, einer geist- und gemütvollen Dame, die später katholisch wurde, war Annette von Droste in ein warmes Freundschaftsverhältnis getreten. Die ernste Richtung ihres Wesens hatte sich schon in früher Jugend geltend gemacht, und bald wendete sie sich aus dem verflüchtigenden Welt- leben, wie sie es draußen kennen gelernt hatte, wieder mit verstärkter Liebe nach der grünen Einsamkeit ihres Landsitzes und den schlichten heimischen Sitten zurück. Die längere Zeit ihres Lebens verbrachte sie auf dem Witwensitz ihrer Mutter, auf dem idyllischen, zwischen Wallhecken und Kämpen versteckten Rittergut Rüschhaus bei Münster. Zurück- haltend gegen die Huldigungen der Männerwelt, lenkte sie dort ihre Neigungen ganz auf ernste geistige Gegenstände. Sie war eifrige Samm- lerin in naturwissenschaftlichen Dingen; Pflanzen und Käfer beschäftigten ihren Forschertrieb, ihr eigentliches Steckenpferd aber war Mineralogie. Auf ihren einsamen Streifzügen sah man sie gewöhnlich mit dem minera- logischen Hammer in der Hand durch die Heide wandern, um „der Erde steinerne Weisheit aufzusuchen". Eine Auswahl großer Bergkrystalle, Erze, Metallstufeu, sowie kostbare Muscheln, Polypen, Seesterne und Korallen waren in Glasschränken aufbewahrt. Eine andere Liebhaberei war die Numismatik; befreundete Personen konnten es als einen Beweis besondern Wohlwollens betrachten, wenn das kunstsinnige Fräulein die große Schublade des Tisches offen zog und da einen geheimen Schatz von prächtigen alten Gold- und Silbermünzen und Medaillen, vorzüglichen Gemmen, auch merkwürdige altertümliche Taschenuhren in getriebenen Goldgehäusen vor den bewundernden Besuchern auseinanderlegte. Sie besaß Humor genug, iu den eigenen Gedichten über sich selbst und ihre Steckenpferde munter zu scherzen. Es war ein schmuckloser Wohnplatz, wo Annette von Droste dieses umfriedete ^Stillleben führte. Ein Freund beschreibt denselben mit anmutigen Strichen: „Über eine mittelalterliche Zugbrücke schritt mau in den stillen großen Garten, wo bemooste Statuen Wache zu halten schienen; geheimnisvoll schatteten die dunklen Taxuswände, und die blühenden Sträuche wuchsen zwanglos und ungepflegt mit wil- den Blumen um die Wette. An der Freitreppe wucherte Gras und Unkraut zum Zeichen, daß selten ein menschlicher Fuß sie betrat.
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