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1. Mancherlei für Jung und Alt - S. 447

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
447 Bedeutender war der Einfluß der deutschen Romantiker und unter den englischen Dichtern namentlich Walter Scott, Washington Irving und Lord Byron. Davon zeugten die zwei folgenden epischen Dichtungen: „Das Hospiz auf dem St. Bernhard", großartig in den Naturschilderungen, und „Des Arztes Vermächtnis", ein virtuos ausgeführtes psychologisches Nachtbild. Hier zeigt sich bereits eine Seite ihres Talents in hohem Grade wirksam: die außerordentliche Kraft lebendiger Darstellung, jene feine genaue Malerei im Detail mit der ergreifenden Naturwahrheit im ganzen und großen. Am sinnfälligsten traten diese Eigenschaften an einem dritten größern Gedichte hervor: „Die Schlacht am Loener Bruch". Es ist darin jene meisterliche Waffenthat geschildert, wodurch Tilly den wüsten und räuberischen Parteigänger Herzog Christian von Braunschweig und Administrator von Halberstadt, nachdem er den ausweichenden Gegner mit tagelangem Nachsetzen endlich zum Stehen gezwungen, in einer zwei- stündigen Schlacht am 6. August 1623 entscheidend aufs Haupt schlug und seine barbarischen Scharen vernichtete. Dieser Schlag geschah be- kanntlich bei Stadtloen auf der großen Heide, dem „Bruch", also auf dem heimischen Boden der Dichterin, und sie hat ein Gemälde daraus geschaffen, so kühn, so flammig und so scharf umrissen, daß es sich unzer- störlich mit leibhaftigen Gestalten der Einbildungskraft des Lesers ein- prägt. Damit war die westfälische Dichterin zur vollen Selbständigkeit erwachsen. Die drei erzählenden Gedichte, verbunden mit einigen lyrischen Erst- lingen, kamen im Jahre 1837, jedoch ohne den Namen der Dichterin, zu Münster in Druck. Sie hatte nie an die Öffentlichkeit gedacht; bei ihrem poetischen Schaffen war sie einem unmittelbaren innern Drange gefolgt, und der Schriftstellerruhm war nicht ihr Ehrgeiz. Aber die Aufforde- rungen ihrer Freunde lauteten so dringend, daß sie sich endlich bestimmen ließ, die Dichtungen in die Welt hinauszugeben. Sie fanden jedoch da- mals nicht die gebührende Beachtung, und es dauerte noch eine geraume Zeit, bis die dichterischen Schöpfungen Annettens von Droste in einer größern Sammlung, die bei Cotta herauskam, die Aufmerksamkeit und die Bewunderung der deutschen Welt auf sich zogen. Der Aufenthalt der dichterischen Einsiedlerin auf Rüschhaus wurde noch stiller und einsamer, als im Jahre 1834 ihre ältere Schwester sich mit dem Reichsfreiherrn von Laßberg zu Eppishausen vermählt hatte und auch die Mutter dadurch zu häufigern und längern Reisen nach dem Kanton Thurgau veranlaßt wurde. So kam es, daß Annette oft ganz allein in ihrem „Schneckenhäuschen" blieb. Die Einsamkeit war ihr lieb geworden und die heimische Oase der fruchtbare Boden, auf dem die Er- zeugnisse ihrer Muße am glücklichsten gediehen.
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