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1. Dichtung des Mittelalters - S. 114

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
114 Dritte Periode, von 1150—1300. er mit wahrem Mannesmut eintritt. Mit ihm kämpft tapfer um die geraubte Braut Herwig, eine ritterliche Erscheinung voll Mut und be- harrlicher Thatkraft, aber auch voll Milde und zarter Rücksicht. In weniger vorteilhaftem Lichte ist Hartmut gezeichnet. Weicheren Sinnes läßt er sich ganz von feiner Mutter leiten, welcher er nicht einmal ent- gegenzutreten wagt, wenn er auch sieht, wie grausam dieselbe gegen die von ihm geliebte Gudrun verfährt. In der Schlacht ist er jedoch ein tapferer Krieger, der die tüchtigsten Helden überwindet. Gegen Gudrun bleibt er, so oft er auch von ihr zurückgewiesen wird, stets gleich zart und rücksichtsvoll. Kräftigeren Charakter zeigt sein Vater Ludwig, der nicht bloß Tapferkeit, sondern auch Klugheit und List kennt, aber dennoch nicht Kraft genug besitzt, um seiner ehrsüchtigen und alles beherrschenden Gattin Gerlind entgegenzutreten. Die Vasallen Heitels: Wate, Frute und Horand sind jeder für sich mit besonderen Zügen ausgestattet. Wate ist der gewaltigste und tapferste Degen, dessen Furchtbarkeit gleich dem Hagen des Nibelungenliedes schon äußerlich sich zeigt; er kennt nicht ängstliche Furcht noch schonende Milde. Frute wirkt als Kaufmann .verkleidet durch seine List, während Horand durch seinen lieblichen Gesang einem Orpheus gleich herrliche Wunderthaten vollführt. So erscheint uns das Gudrunlied bei knapper Kürze, die den Leser- ost manches erraten läßt, als ein von schöner Idee getragenes, farbenreich durch treffliche Charaktere ausgestattetes, den Stoff völlig erschöpfendes Werk. Mögen auch einzelne diese „wunderbare Nebensonne der Nibelungen" minder hochschätzen, wir stimmen den Worten von Jakob Grimm bei, daß die Gudrun dem Nibelungenliede „an innerem Gehalte nahe stehe und es in der Anlage des Ganzen und regelmäßig fortschreitender Entwickelung übertreffe". Ii. Das kunltcpos. § 11. Stoff des Kunstepos, Darstellung und Form. Das Knnstepos, wie die ganze höfische (ritterliche) Dichtung, ist „die Arbeit" ritterlicher Sänger, welche namentlich an den gastlichen Höfen der Welfen, so des Herzogs Heinrich des Löwen, der Landgrafen von Thüringen und der babenbergischen Fürsten Österreichs ihre heimische Stätte fanden. Dieselben nahmen ihre Stoffe, entsprechend ihrer Bildung, die ganz von fremden, besonders französischen Einflüssen beherrscht war, aus der Fremde und zwar meist nach französischen Vorbildern: „fremdiu maere und fremde namen hat diu aventiure“, wie einer jener Dichter selbst sagt. So sind die Stoffe gewählt aus den antiken Sagen vom trojanischen Krieg und von Äneas, 'aus der Sage von Alexander
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