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1. Dichtung des Mittelalters - S. 149

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§17. Gottfried von Straßburg. 149 8 17. Gottfried von Straßburg. Gottfried von Straßburg („von Straßburg Meister Gotfrit"), wahr- scheinlich einem Straßburger Patriciergeschlecht entstammend und Stadt- schreiber in seiner Vaterstadt, schrieb gegen 1210 als sein letztes Werk „Tristan und Isolde". Vielseitig gebildet, kundig des klassischen Alter- tnnis, namentlich des Ovid, der französischen Sprache mächtig und für- ritterlich höfisches Leben begeistert, tritt er auf als Dichter der Liebe, aber nicht der veredelnden Minne, sondern jener leidenschaftlichen Liebesglut, der nur „Ein Tod, Ein Leben, Eine Lust, Ein Leid" gegeben ist, die, nur sich selbst suchend, jeder Zucht und Sitte und selbst der ehelichen Treue Hohn spricht. Zu seinem Zeitgenossen Wolfram, welchen er „den Jäger wilder Märe" nennt, steht er in einem bewußten und schroffen Gegensatz: im Stoff, in der Sprache und in der Tendenz. Der einer bretonischen Sage angehörende Stoff, welchen Gottfried einem nord- französischen Gedichte entnahm, enthält im Gegensatze zu der fast ver- wirrenden Menge von Thatsachen, von Zauberdichtungen und von Per- sonen des „Parzival" nur eine einfache Geschichte von der gegenseitigen Liebe Tristans und Isoldens. Im allgemeinen eine breite Schilderung des äußeren höfischen Lebens vermeidend, zeichnet Gottfried die Seelenzustände seiner Personen mit psychologischer Feinheit und großer Wahrheit. Dazu ist feine Sprache gegenüber der oft schwer verständlichen und dunkeln Rede Wolframs leicht und anmutig mit glänzendem Redefluß bei einem oft geist- vollen Spiel der Worte. Die Darstellung ist stets durchsichtig, Vers und Reim sind durchweg rein und fließen leicht dahin. Auch in der Tendenz bildet er einen scharfen Gegensatz zu Wolfram. Entgegen dem hohen sittlichen Ernste Wolframs, der uns seinen Helden in innerem Kämpfen und Ringen nach einem erhabenen Ziele darstellt, läßt Gottfried seine Personen die Schranken der Sitte und des Gesetzes überschreiten; indem er ferner das sittliche Unrecht, welches freilich in einem unwissentlich ge- nommenen Zaubertrank seinen Ursprung hat, beschönigt und verführerisch darstellt, predigt er verderblichen, um Gott und Menschen unbekümmerten Lebensgenuß. Der Inhalt von Tristan und Isolde ist kurz folgender: Riwalin, Fürst im Parmenierlande, rüstet eine Fahrt zum König Marke von Kornewal und England; am Hofe desselben freundlich bewillkommnet, hat er bald Gelegenheit, ein herrliches Hoffest mitzufeiern. Maicnscst. Zu diesem Hoffest waren Beschieden ganze Scharen ! Durch Gebot und Bitte. I Auf seine Ladung, das war Sitte,
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