1889 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Hense, Joseph, Führer, Anton
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): Jungen
18 I. Beschreibende Prosa: Geschichtliche und geographische Charakteristik.
mit dem Norden. So wand sich ein neues Lorbeerreis um die Schläfen
des Siegers von Weißenburg und Wörth.
Schon in frühen Jahren legte der Prinz Friedrich, wie sein könig-
licher Oheim Friedrich Wilhelm Iv. es gethan hatte, eine warme, tiefe,
nachhaltige Neigung an den Tag für Kunst und Wissenschaft. Durch her-
vorragende Lehrer vorgebildet, bewandert in der politischen und kulturellen
Geschichte der Völker und insbesondere für das griechische Altertum be-
geistert, bezog der 18jährige Jüngling die Friedrich-Wilhelms-Universität,
jene Hochschule, welche sein königlicher Großvater als bestes Bollwerk
deutschen Geistes gegen französische Gelüste am Gestade des befreiten Rheines
gegründet hatte, — er bezog sie als der erste Student aus dem Hohen-
zollernhause. Staats- und Rechtswissenschaft waren das Feld der Arbeit,
Geschichts- und Kunststudien der Blumenrain der Erholung. Der Prinz-
student empfand, was der Dichter sagt:
In wessen Herz die Kunst sich niederließ,
Der ist vom Sturm der rauhen Welt geschieden;
Ihm öffnet sich, durchwallt von süßem Frieden,
In ew'gem Lenz ein stilles Paradies.
Und späterhin gewann sich der Kronprinz Friedrich Wilhelm als
Kenner und Gönner von Kunst und Wissenschaft weit über die nächst-
beteiligten Kreise hinaus einen Namen vom besten Klange. Die Aus-
grabung der altgriechischen Weihe- und Wettspielstätte zu Olympia, die
Erwerbung der pergamenischen Kunstdenkmäler, die Gründung oder Her-
stellung christlicher Gotteshäuser, deren nicht bloß in Deutschland erstanden
durch seine Fürsorge, sondern sogar in Asien und Afrika, zu Jerusalem »
und Kairo — sie bleiben dafür ein dauerndes, lautredendes Zeugnis, und
dem dankbaren Herzen zahlreicher Künstler und Gelehrten steht das hohe
Bild ihres Förderers, ja ihres Freundes unaustilgbar eingeprägt. Mit
dem Gefühle der Wehmut lesen sie jetzt die Worte des Verewigten in dem
kaiserlichen Regierungsprogramm, wo es heißt: „Gelingt es, die Grund-
lagen des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens kräftig zu erhalten, so
wird es Mir zu besonderer Genugthuung gereichen, die Blüten, welche
deutsche Kunst und Wissenschaft in so reichem Maße zeigt, zu voller Ent-
faltung zu bringen."
Schon der altgriechische Sänger rühmt an seinem Helden als be-
sondern Vorzug, er habe die Städte vieler Menschen gesehen und deren
Sitten erkundet. Was einst die Portugiesen von ihrem Jnsant-Regenten
D. Pedro dem Weitgereisten mit Bewunderung sagten, er habe „as sete
partidas do mundo“, d. i. die sieben Enden und Wenden der Welt ge-
schaut, das konnte man mit größerem Rechte sagen von Kronprinz Friedrich