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1. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 69

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
8. Nürnberg. 69 lasen, werden auf einmal lebendig vor uns, sie nehmen etwas Körper- liches und Handgreifliches an, was sie uns näher bringt. Eine deutsche Stadt wie keine zweite in Können und Gesinnung, in Kunst und Gewerbefleiß, ist Nürnberg; mit einer reichen Vergangenheit, die es in Treuen ehrt und mit Verständnis pflegt. Wir alle können ihm nicht genug dafür danken; es erhält uns ein glänzendes Bild dessen, was keine Schilderung uns vormalen und, wenn es einmal dahingegangen, keine noch so geschickte Nachahmung zu ersetzen im stände wäre. Die Stadt ist einzig in ihrer Art, denn sie ist nicht Kopie, sondern Original; und obwohl herabgestiegen von ihrer einstigen Höhe, hat sie rasch eine andere erklommen, die nicht minder achtunggebietend ist und zugleich unser ganzes Herz besitzt. Nicht mehr verteidigt wie in alten Zeiten hinter diesen Mauern Gustav Adolf die Stadt gegen Wallenstein und Tilly, sondern durch diese Thore ziehen friedliche Gäste herein, die willkommen sind, wenn sie es einige Tage sich hier gefallen lassen. Nicht mehr singen die „Meister des Handwerks", noch „arbeiten" sie in „eingeschlossenen Gilden" — die Gewerbefreiheit hat auch diesen Bau zerstört; aber ihre Tabula- turen und Fahnen, ihre silbernen Becher, Jnnungszeichen samt Lade, Schaustück und alledem werden jetzt im Rathause aufbewahrt, „der ver- gangenen Zeit zur Ehr, der kommenden zur Lehr". Nicht mehr sind die Reichskleinodien ausgestellt in der alten Burg Barbarossas; aber mit Ehrfurcht betritt man den Hof mit der 800jährigen Linde, das Schloß und die Halle, den Sitz der ehemaligen Burggrafen von Nürnberg, die Wiege des neuen deutschen Kaisergeschlechtes; dicht aneinander, wie weiter oben in schwäbischen Landen Hohenstaufen und Hohenzollern, grenzt hier das Alte an das Neue, wie wenn durch die Jahrhunderte hin ein ge- heimer Zusammenhang oder Gegensatz bestanden habe, dem es vorher be- stimmt war, sich auszugleichen zur Vollenduug deutschen Wesens. Ein Habsburger war es, Rudolf von Habsburg selbst, der den ersten Zollern- grafen hier eingesetzt; Fehden entstanden daraus, als der Lehensmann wuchs, bittere Kriege zuletzt, und wie lange, lange hat es gedauert bis zu jenem schönen Tage, wo der ehemalige Lehensherr, ein gefeierter, hoch- willkommener Gast im Königsschlosse zu Berlin, unter zwei von dort datierte Verordnungen schrieb: „Gegeben in der Hauptstadt des Deutschen Reiches am 11. September 1872." Die Burg von Nürnberg ist in neueren Zeiten wieder wohnlich hergerichtet worden; König Maximilian Ii. von Bayern und seine Ge- mahlin haben hier oft und gern Hof gehalten. Im Jahre 1866 hat auch der jugendliche König Ludwig hier geweilt. Die Zimmer des Königs und der Königin sind noch vollständig so erhalten, wie sie erstere verlassen haben; und trauliche Zimmer sind es mit gebräuntem Balkenwerke und
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