Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 296

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
296 Ii. Lehrende Prosa: Poetik und Ästhetik. war, das klang auch in den Liedern des Volkes wieder. In objektiver Anschauung und Darstellung, wie sie gerade dem Volke eigen ist, in wahr- haft epischer Weise besang der Spanier seinen nationalen, ihn auf das höchste entflammenden Kampf, besang den Ruhm seiner Helden, die in Wundern von Tapferkeit das Kreuz gegen den Halbmond wieder auf- richteten. So wurden Männer wie Pelapo, Pedro, Alonzo, Froila, Fernan Gonzalez, wie sie Helden des Kampfes waren, bald auch Heldengestalten der Sage und der Dichtung. Vor allen aber tritt als Nationalheros hervor Rodrigo Diaz, Graf von Vivar, von den Spaniern Campeador (Kampfheld), von den Mauren schon bei seinen Lebzeiten Cid (Herr) oder Cid el battal (Herr der Schlacht) genannt. Geboren gegen das Jahr 1040, verrichtete er die glänzendsten Thaten unter der Herrschaft Ferdinands I. und Alfons' Vi., unter dessen Regierung er im Jahre 1099 starb. Ihn wählte die Volkspoesie des 13., 14. und 15. Jahrhunderts zu ihrem Mittelpunkte, zum eigentlichen idealen Nationalhelden; in 153 Romanzen besang sie seine Geschichte von seinem ersten öffentlichen Auftreten bis zu seinem Todei. Durch ähnliche Romanzen begleitete das Volk den ganzen Verlauf der Kriege mit den Mauren. Aber auch die Helden, die sonst mit der spanischen Geschichte im Zusammenhange stehen, wie König Roderich und Graf Julian, Karl der Große und seine Paladine, wurden gleichfalls in den Kreis der Volkspoesie gezogen. Diese fing erst an zu versiegen, als endlich mit dem Falle von Granada im Jahre 1492 der christliche Spanier keinen andersgläubigen Feind mehr auf seinem heimatlichen Boden fand. Die Volks- poesie klang dann nur noch fort in einzelnen Ritter- und Schäferromanzen. Betrachten wir nunmehr nach dieser historischen Entwicklung das Wesen der Romanze etwas genauer, so werden wir folgende charakte- ristische Merkmale derselben zu verzeichnen haben. Wie jeder eigentliche Volksgesang, so ist auch die Romanze als erstes und bedeutendstes Erzeugnis der spanischen Volkspoesie episch und zeigt somit alle Eigenschaften einer episch behandelten Dichtung: sie stellt ihren 1 1 Aufgeschrieben wurden diese und andere Romanzen nicht sofort bei ihrem Entstehen, ebenso wenig wie die Volkslieder anderer Nationen. Sie pflanzten sich vielmehr im Munde des Volkes von Generation aus Generation fort und wurden erst im 16. Jahrhundert in Romaneeros (Romanzenbüchern) und Cancionero8 (Lieder- büchern) gesammelt. Wir nennen hier von neueren Ausgaben betreffs des „Cid" nur Romanze™ del Cid von A. Keller (1840), dann die Übersetzung des Lieder- buches vom Cid durch Regis (1842). Daß der bekannte Herdersche „Cid" zum größten Teile nur eine metrische Umbildung einer im Jahre 1783 veröffentlichten französischen Prosabearbeitung der spanischen Cid-Nomanzen ist und im ganzen nur 14 spanische Originalromanzen aufweist (vgl. R. Köhler, Herders Cid und seine französische Quelle. Leipzig 1867), macht dem Ergebnisse der vorstehenden Unter- suchung keinen Eintrag.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer