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1. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 502

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
502 C. Musteraufsätze für Schüler. Der Stand der Fischer ist uns freilich zunächst nur vorgeführt durch den Fischerknaben; in seinen Mund paßt eben besser der Inhalt des von ihm gesungenen Liedchens; auch tritt der Fischer selbst sofort nach den drei Eingangsliedchen auf. Sich schaukelnd im Kahne auf dem lächelnden See, erfreut er sich der ersehnten Ruhe nach harter Arbeit und singt be- geistert von den süßen Engelstimmen, die aus der Tiefe des Wassers her- aufklingen und den am grünen Gestade schlafenden Knaben mit magischer Kraft in die Tiefe hinabziehen. Der Hirt wirft einen wehmütigen Blick zurück zu seinen Matten, von denen er beim nahenden Winter Abschied nehmen muß; doch schon freut er sich des kommenden Frühlings, wenn der Schnee zerrinnt und die Brüunlein sich füllen, so daß sie fließen im lieblichen Mai, wenn wieder der Vögel Sang ertönt und die Erde sich neu mit Blumen kleidet; denn dann beginnt wieder die „Alpenauffahrt", dann ist der Freudentag erschienen, an welchem Vieh und Hirten auf vier Monate fröhlich hinaus- ziehen aus dem engen und beengenden Hause in die frische, freie, fröh- liche Natur. Munter schreitet voran die Leitkuh, ihr nach die ganze Herde, und zuletzt folgeu die Sennen mit Saumrossen, welche die Gerät- schaften für die Milch tragen, aus welcher in der Sennhütte der mundende Schweizerkäse oder Emmenthaler bereitet wird. Wechselnder, aber ungleich gefährlicher ist das Leben des Jägers; er schreitet verwegen ans Feldern von Eis und zagt nicht, wenn er selbst- bewußt über den zitternden Steg geht, um kühn nachzueilen bent flüch- tigen Gemsbocke; er genießt erst dann seines Lebens recht, wenn er in Not und Gefahr es sich jeden Tag neu erbeutet. Fischer, Hirten und Jäger sind die Träger der Handlung des Stückes. Wir dürfen erwarten, daß diese kräftigen, wettergestählten, mit der Natur ihrer Heimat auf das innigste verwachsenen, für die Freiheit und für ihr schönes Vaterland begeisterten Gestalten, deren Heimats- und Vaterlands- liebe deutlich aus ihren Liedern hervorklingt, alles daran setzen werden, um das Vaterland in seiner Freiheit, dem teuersten Erbgute, zu schirmen und zu erhalten. So hat uns der Dichter durch meisterhafte Schilderung Land und Leute kennen gelehrt; er hat uns zugleich große Teilnahme erweckt für die erhabene Pracht des Landes und für die charakteristischen Züge der Hanptklassen der Bevölkerung und hat so unsere Erwartung auf die Handlung, die auf solchem Boden und von solchen Leuten vollführt sich abspielen soll, wesentlich gesteigert.
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